Zwei-Klassen-Internet: Die Netzneutralität ist unser aller Thema!

Chancengleichheit im Internet: Das Thema Netzneutralität betrifft uns alle. Dennoch scheinen viele das Stichwort mit einem Achselzucken zu quittieren. Kann man sich nur erlauben, wenn man gerne stundenlang im Stau steht und zuschaut, wie andere auf derselben Strecke ungehindert vorbeiziehen.

Vielleicht wird über das Thema Netzneutralität zu abstrakt berichtet. Bei Wikipedia fühlt man sich nach zwei Absätzen an seine Steuererklärung erinnert und verliert die Lust. Dabei ist es ganz einfach. Probieren wir es mit Verständlichkeit:

>> Hochsommer, 30 Grad im Schatten. Ihr fahrt mit eurem Auto auf der A3. Auf Höhe Frankfurt-Flughafen wird der Verkehr zähfließend, schließlich landet ihr in einem Stau. Nichts geht mehr. Bewegungslos und machtlos seid ihr Teil einer in brütender Hitze erstarrten Blechlawine.

Die Sonne knallt auf euer Dach, euer Auto hat keine Klima-Anlage, ihr habt nichts zu trinken und seid genervt. Keiner weiß, wann es weitergeht, und ihr habt noch 200 Kilometer Strecke vor euch.

Plötzlich bemerkt ihr, dass vereinzelt Autos auf einer bewachten und kostenpflichtigen Extra-Spur ungehindert an euch vorbeirauschen. Während ihr keinen Millimeter vom Fleck wegkommt. Et voilà: das Prinzip Zwei-Klassen-Autobahn.
<<

Dieses Bild bietet zwei (bewusst polarisierende) Lesarten. Ihr könnt euch denken: "Was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!" Oder ihr könnt euch denken: "Cool! Beim nächsten Mal zahle ich auch und nutze die Premium-Spur!"




Netzneutralität im Internet

Wechseln wir von der A3 auf den Daten-Highway: Netzneutralität im Internet bedeutet, dass alle Datenpakete im Netz unverändert und in gleicher Qualität transportiert werden – egal, woher sie stammen, wohin sie gesendet werden, was ihr Inhalt ist oder wie sie erstellt wurden.

Im Internet würde der Verzicht auf die Netzneutralität folgendes Szenario ermöglichen: Finanzstarke Unternehmen schicken ihre Daten gegen Bezahlung auf einer Premium-Spur bevorzugt zu denjenigen Kunden, die für diesen Service zahlen. Der jeweilige Internetdienst-Anbieter kassiert also doppelt. Wer nicht zahlen kann oder will, muss sich mit den zweitklassigen Spuren begnügen und einen lähmenden Stau riskieren.

Netzneutralität: Pro und Contra

Gängige Argumente für die Netzneutralität:
➧ Unternehmen werden durch die Netzneutralität an wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen gehindert: Egal ob finanzstarkes Unternehmen oder armer Existenzgründer, alle sollen die gleichen Chancen haben, ihre Datenpakete durch das Netz zu schicken.

➧ Internetpioniere wie der WWW-Begründer Tim Berners-Lee sehen die Netzneutralität als wichtigen technischen Ausdruck der Unabhängigkeit von staatlichen Zensurversuchen.

Gängige Argumente gegen die Netzneutralität:
➧ Ohne Netzneutralität könnten Datenstaus verhindert und wichtige Daten garantiert und schnell übertragen werden.

➧ Kostentreiber: Hält man an der Netzneutralität fest, müsste man massiv in den Netzausbau investieren, um dem steigenden Datenaufkommen gerecht zu werden.


Netzneutralität: Quo vadis, Internet?
Netzneutralität: Quo vadis, Internet?

Die Situation in den USA und Europa

Ende April begannen die USA, die Netzneutralität zu beerdigen: Die Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) will es Internet-Providern erlauben, für eine Premium-Spur auf dem Daten-Highway Geld zu verlangen.

Europa dagegen schlägt einen Pro-Netzneutralität-Kurs ein: Bereits Anfang April votierte das Europaparlament für die Gleichbehandlung von Inhalten im Internet. sueddeutsche.de berichtete:

"Internetanbieter dürfen einzelne Dienste nicht zum Schaden anderer Angebote bevorzugen, beschlossen die Parlamentarier [...]. Für Internetnutzer bedeutet das, dass alle Angebote im Netz ähnlich gut und schnell funktionieren müssen."

Und nun? Dafür oder dagegen?

Ich hoffe, dass eines deutlich geworden ist: Es geht hier um ein immens wichtiges Thema, nämlich um die Frage, wie gleich oder ungleich es künftig im Netz zugehen wird.

Es folgt die subjektive Einschätzung eures Bloggers: Ich bin ausdrücklich für die Netzneutralität. Gründe:

Für mich ist das Internet mehr als nur ein Medium oder ein ökonomischer Raum. Es erfüllt eine freiheitlich-demokratische Aufgabe, die es zu schützen gilt. Eine kostenpflichtige Premium-Spur im Netz ist vergleichbar mit der Trinkwasser-Privatisierung oder einem "Premium-Sauerstoff-Tarif": absolut unvereinbar mit humanistischen Grundüberzeugungen.

Ein Verzicht auf die Netzneutralität wäre eine Innovationsbremse: Junge, anfänglich finanzschwache Unternehmen hätten es in einem Zwei-Klassen-Internet ungleich schwerer als zum Beispiel Google anno 1998.

Ich habe immer ein offenes Ohr für Gegenargumente, lasst sie mich hören. Eine lebendige Diskussion ist mehr als notwendig – ich finde es erschreckend, dass das Thema Netzneutralität für viele scheinbar so interessant ist wie ein aus der Balance geratener ostasiatischer Sack Reis.

Bitte aufwachen: Es geht hier um eine grundlegende Weichenstellung, die das Internet und seine Nutzung fundamental beeinflussen wird.

Eure Meinung ist gefragt!

Butter bei die Fische: Netzneutralität – ja, nein, vielleicht? Wie seht ihr das Thema?

Kommentare

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