Balance, Dominanz & Stimulanz: So steuern die "Big 3" das Kaufverhalten

Der Hirnforscher Hans-Georg Häusel zeigt in seinen Büchern: Unsere grauen Zellen berechnen unbewusst bei jeder Kaufentscheidung, ob uns die Anschaffung emotional nutzt. Wer erfolgreiches Marketing betreiben will, sollte genau das berücksichtigen.


Der Kauf-Knopf
(Button / Pixabay-Lizenz)

Die Forschung geht davon aus, dass wir mindestens 80 Prozent unserer Entscheidungen unbewusst treffen. Erst nachträglich versuchen wir, vernünftig zu begründen, warum wir uns wie entschieden haben.

Bildhaft gesprochen: Unser Bewusstsein ist ein Regierungssprecher, der Beschlüsse zu verkünden hat, von denen er nicht weiß, wie sie zustande gekommen sind.

Die "Big 3" des Unbewussten: Balance, Dominanz & Stimulanz

Unser Gehirn arbeitet auch im 21. Jahrhundert im Steinzeit-Modus. Die Grundregel lautet: Überlebe und pflanze dich fort.

Um dies möglichst erfolgreich zu gestalten, hat die Natur drei unbewusste Instanzen in unserem Oberstübchen installiert. Sie sollen uns per Autopilot durchs Leben steuern (und lenken somit auch unser Kaufverhalten):

1. Unser Balance-System fragt: Trägt etwas (aus Marketing-Sicht: Produkt, Dienstleistung, Marke) zu unserer Sicherheit, Ruhe und Stabilität bei?

  • Vermeide jede Gefahr.
  • Vermeide jede Veränderung.
  • Vermeide Unsicherheit.
  • Vermeide Ekel (das sog. Ekel-Modul, zum Beispiel bei der Nahrungssuche).
  • Strebe nach Stabilität.
  • Spare Kraft.

Das Balance-System ist laut Hirnforscher Häusel die stärkste unbewusste Kraft in uns. Werden die oben genannten Forderungen erfüllt, fühlen wir uns geborgen und sicher (Lust/Belohnung). Bleiben sie unerfüllt, fühlen wir uns ängstlich oder gar panisch (Unlust/Bestrafung).

Eng verbunden mit dem Balance-System ist das Bindungs- und Fürsorge-Modul: Es soll sicherstellen, dass unsere Nachkommen überleben. Wir sind immer auf eine soziale Gruppe angewiesen, wenn wir bestehen wollen. Gene von Menschen, die in Gruppen leben, setzen sich eher durch als Gene von Einzelgängern.

2. Unser Dominanz-System fragt: Hilft uns etwas (aus Marketing-Sicht: Produkt, Dienstleistung, Marke), mächtiger und stärker zu werden als andere?

  • Setze dich durch.
  • Strebe nach Status (auch um sexuell attraktiver zu werden).
  • Sei besser als andere.
  • Vergrößere deine Macht.
  • Verdränge Konkurrenz (auch bei der Sexualpartner-Wahl).
  • Erweitere dein Territorium.
  • Sei eigenständig.
  • Sei aktiv.

Wird dies erfüllt, fühlen wir uns stolz, siegreich und überlegen (Lust/Belohnung). Bleibt es unerfüllt, sind wir verärgert, wütend und unruhig (Unlust/Bestrafung).

Das Dominanz-System ist der Motor unseres Fortschrittes. Häusel betont: Ohne Dominanz-System hätten wir heute kein bequemes Leben. So verdanken wir zum Beispiel die Computer-Technologie und die moderne Medizin unserem Dominanz-System.

Erst das Dominanz-System motiviert einen Menschen dazu, der Beste sein zu wollen. Und erst dieser Wunsch ermöglicht Fortschritt – verursacht aber auch Kriege, Gewalt und Unterdrückung. 

Eng verbunden mit dem Dominanz-System sind das Jagd- und Beute-Modul (siehe Schnäppchenjagd) und das Rauf-Modul (siehe sämtliche Wettkampf-Sportarten).

3. Unser Stimulanz-System fragt: Bietet oder verspricht etwas (aus Marketing-Sicht: Produkt, Dienstleistung, Marke) neue lustvolle Reize und Erlebnisse?

  • Suche nach neuen Reizen.
  • Lass das Gewohnte hinter dir.
  • Suche nach Belohnung (auch sexuell).
  • Vermeide Langeweile.
  • Suche gute Nahrung (Appetit-Modul).
  • Sei einzigartig.

Wird dies erfüllt, fühlen wir uns freudig (Lust/Belohnung). Bleibt es unerfüllt, ist uns langweilig (Unlust/Bestrafung). Evolutionär hilft uns das Stimulanz-System, uns anzupassen und weiterzuentwickeln, was wiederum unser Überleben sichert. Eng verbunden mit dem Stimulanz-System ist das Spiel-Modul.

Wie wichtig sind die "Big 3 des Unbewussten" für das Marketing?

Erfolgreiches Marketing verspricht, die unbewussten Ansprüche unserer Emotions-Systeme zu erfüllen – je direkter, desto besser. Marketing-Maßnahmen, denen dies nicht gelingt, bleiben weitgehend wirkungslos

Eine Marketing-Checkliste des Hirnforschers Häusel:

1. Definiert das Big-3-Profil eurer Zielgruppe (siehe oben, mit entsprechender Gewichtung, je nach Branche und Zielgruppe).

2. Positioniert eure Marke entlang dieser Big-3-Gewichtung.

3. Nutzt eine klare und direkte Sprache sowie einfache Bilder – vermeidet Abstraktionen.

4. Seid in eurer Marken-Kommunikation konstant. So manche Marke ist abgestürzt, weil sie in ihrer Marketing-Kommunikation plötzlich ein anderes Emotions-System angesprochen hat, das nicht mehr dem unbewussten Schwerpunkt der Zielgruppe entsprach.

Für B2C und B2B gilt gleichermaßen:

➤ Je stärker die positiven Big-3-Emotionen sind, die von einem Produkt, einer Dienstleistung oder einer Marke ausgehen (Lust/Belohnung), 

➤ und je stärker dabei negative Big-3-Emotionen vermieden werden (Unlust/Bestrafung), 

➤ desto wertvoller erscheinen Produkt, Dienstleistung bzw. Marke für das Gehirn, 

➤ und desto eher ist die Zielgruppe bereit, Geld dafür auszugeben.

Das Unbewusste: Es gibt noch mehr zu entdecken

Soweit mein knackiger Überblick zu diesem superspannenden Thema. Wenn ihr tiefer gehen wollt, empfehle ich euch die Bücher von Hans-Georg Häusel. Die Lektüre lohnt sich.

Viel Spaß beim Hirnen. ;-)

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