Usability & UX: Die Checkliste für benutzerfreundliche Online-Auftritte [Teil 2]

Im ersten Teil meines Beitrages zum Thema "Usability und UX für Websites und Apps" stellte ich euch die ISO-Norm 9241 vor. Im vorliegenden zweiten Teil biete ich euch anschauliche Checklisten, mit denen ihr euren Online-Auftritt ruckzuck benutzerfreundlicher machen könnt.


Symbolbild Webdesign
(Webdesign / Pixabay-Lizenz)


Die Wissenschaft hat schon lange erkannt: Unser Gehirn will Energie sparen und arbeitet deshalb größtenteils unbewusst. Es möchte hauptsächlich dann intensiv arbeiten, wenn es um lebenswichtige Dinge geht. 

Der Besuch eines Online-Auftritts entscheidet selten über Leben und Tod. Wenn ihr dennoch wollt, dass User sich gerne und zielführend mit eurer Website oder App beschäftigen, solltet ihr diese entsprechend benutzerfreundlich gestalten. Je anstrengender der Besuch eures Online-Auftritts ist, desto schneller sagt das Gehirn des Users: "Das ist mir zu aufwendig".

Wenn ihr nur ein einziges Buch zum Thema "Usability & UX für Websites" lesen wollt, dann empfehle ich euch den Klassiker von Steve Krug. Dessen Titel ist gleichlautend mit dem ehernen Gesetz benutzerfreundlicher Online-Auftritte: "Don’t make me think".

Heißt in der Usability-Praxis: Wie lange braucht ein durchschnittlicher User, bis er verstanden hat, um was es auf eurer Website geht und was er dort tun kann?

Folgend wie versprochen meine fünf Checklisten, mit denen ihr eure Website bzw. App so gestalten könnt, dass eure Zielgruppe sie gerne besucht und nutzt:

Checkliste Website-UX / Punkt I: Die Technik

1. Mobiloptimierung: 

Wird euer Online-Auftritt auf allen Bildschirmgrößen optimal dargestellt? Um die Smartphone-Darstellung zu überprüfen, könnt ihr das Google-Tool "Test auf Optimierung für Mobilgeräte" nutzen.

2. Seitenladezeiten: 

Werden eure Webseiten schnell genug geladen? Das sagt euch das Google-Tool "PageSpeed Insights".

3. URL-Struktur: 

Sind die Web-Adressen (URLs) eurer Webseiten kurz und selbsterklärend? User sollten bereits an der URL ablesen können, um was es auf einer Seite geht. Bitte alles kleinschreiben, knackig gestalten und Begriffe mit Bindestrichen trennen. Beispiel: www.example.de/checkliste-benutzerfreundlichkeit

4. Barriere-Armut: 

Können Menschen mit Behinderung euren Online-Auftritt nutzen? Beispiele: Können sehbehinderte Menschen sich Texte problemlos per Screenreader vorlesen lassen (Alt-Texte bei Bildern nicht vergessen)? Sind Farbkontraste so gewählt, dass sie für farbenblinde Menschen gut wahrnehmbar sind? Sind eure Texte lesefreundlich und verständlich, sodass auch Menschen mit einer Leseschwäche damit zurechtkommen?

Checkliste Website-UX / Punkt II: Der Content

1. Selbstbeschreibung:

Können User auf jeder Seite eures Online-Auftritts schnellstmöglich verstehen, was euer Unternehmen macht und was sie auf eurer Website bzw. mit eurer App tun können? Denkt vor allem an User, die nicht über eure Startseite kommen, sondern via Google-Suche direkt auf einer Unterseite landen.

Tipp: Arbeitet mit einer durchgängigen Tagline und einem Welcome Blurb. Eine Tagline ist ein kurzer Text, der auf jeder Seite unterhalb eures Website-Logos erscheint und dem User knackig sagt, um was es auf der Website geht. Wichtig: Eine Tagline ist kein Werbe-Slogan, sondern ein selbsterklärender Text. Zusätzlich könnt ihr mit einem Welcome Blurb arbeiten: Dies ist ein kurzer Text, der nur auf eurer Startseite erscheint und euer Angebot prägnant vorstellt. 

Eine Tagline am Beispiel des Online-Shops Momox:

Beispiel einer Tagline auf der Website momox.de
Die Tagline der Website momox.de

Und ein Welcome Blurb, ebenfalls am Beispiel von Momox:

Beispiel eines Welcome Blurbs auf der Website momox.de
Der Welcome Blurb auf der Startseite von momox.de


Solange euer Unternehmen nicht ähnlich bekannt ist wie Coca-Cola, Microsoft, Toyota oder die Deutsche Post, sind Tagline und Welcome Blurb aus Usability-Sicht sehr wichtig für das Verständnis von Erstbesuchern eures Online-Auftritts. Erneut: Denkt vor allem an User, die über die Google-Suche oder einen Link direkt auf einer eurer Unterseiten rauskommen.

2. Inhaltliche Relevanz:

Bietet eure Website bzw. eure App Inhalte, die für eure Zielgruppe bedeutsam sind und ihre Fragen möglichst umfassend beantworten?

3. Vertrauen:

Wird für eure Besucher schnell ersichtlich, wer der Betreiber der Website ist? Je detaillierter, nahbarer und vertrauenswürdiger ihr online auftretet, desto besser.

4. Lesbarkeit:

Wie lesefreundlich sind die Texte eures Online-Auftritts hinsichtlich 

  • Schriftart, 
  • Schriftgröße (mindestens 15 Pixel), 
  • Zeilenlänge (50-80 Zeichen bzw. 10 Wörter in der Desktop-/Laptop-Ansicht und 30-40 Zeichen bzw. 6-8 Wörter in der Smartphone-Ansicht) 
  • und Zeilenabstände?

Sind eure Texte übersichtlich und leicht erfassbar gegliedert (Überschriften, Zwischenüberschriften, Absätze, Aufzählungspunkte)?

Sind eure Texte in Sachen Rechtschreibung fehlerfrei?

Checkliste Website-UX / Punkt III: Architektur & Navigation

1. Thematischer Aufbau:

Ist euer Online-Auftritt thematisch stimmig, schlüssig und logisch aufgebaut? Tipp: Arbeitet intern mit einem Website-Strukturbaum, um diese Stimmigkeit auch bei einem wachsenden Online-Auftritt sicherzustellen.

2. Konventionen:

Arbeitet eure Website bzw. App mit bekannten Nutzungs-Regeln (Konventionen), die User gelernt haben? Beispiele: Ein Klick auf das Logo führt den User auf die Startseite. Links sind farblich hervorgehoben. Navigationspunkte sind konventionell benannt (z. B. "Kontakt", "Karriere").

3. Navigation:

Sind die Haupt-Navigation und die Sub-Navigationen eurer Website/App selbsterklärend und über den gesamten Online-Auftritt hinweg beständig (konsistent)? Weiß der User auf jeder Unterseite, wo innerhalb des gesamten Online-Auftritts er sich gerade befindet? 

Nutzt neben einer globalen Navigation (Haupt-Navigation) und Sub-Navigationen auch eine Breadcrumb-Navigation.

4. Suchfunktion:

Bietet eure Website bzw. App eine leistungsstarke Suchfunktion in Form einer Suchleiste? Es gibt zahlreiche User, die bei einem Website-Besuch die Navigation links liegen lassen und wie bei Google eine Suchleiste nutzen wollen. Eine Suchfunktion hilft auch den Besuchern, die über eure Navigation nicht das fanden, was sie suchten.

Checkliste Website-UX / Punkt IV: Die Optik

1. Ästhetik:

Ist euer Online-Auftritt optisch ansprechend und zeitgemäß? Folgt er gängigen Gestaltungsregeln? Hierzu empfehle ich euch das Buch "Content Design".

2. Corporate Design:

Folgt eure Website bzw. eure App dem festgelegten Corporate Design eures Unternehmens (Farben, Formen, Schriftarten, Logos, etc.)? Und hält sie dieses durchgängig ein?

Checkliste Website-UX / Punkt V: User-Interaktion

1. Kontaktmöglichkeiten:

Können eure Besucher auf allen Seiten eures Online-Auftritts schnell und einfach mit euch Kontakt aufnehmen?

2. Handlungsaufforderungen (Call-to-Action):

Bieten eure Webseiten gut erkennbare Handlungsaufforderungen? Dazu gehören zum Beispiel: "Jetzt Kontakt aufnehmen", "Newsletter abonnieren", "Jetzt kostenlos registrieren", "In den Warenkorb legen", "Download", etc.

3. Dateneingabe:

Beispiel Newsletter-Abonnement oder Kontaktformular: Fragt ihr zu viele Informationen ab? User-Gehirne mögen es auch hier schnell und einfach.

4. Fehler-Robustheit:

Informiert euer Online-Auftritt den User hilfreich, wenn es zu einer Fehlermeldung auf euren Seiten kommt? Zum Beispiel, wenn er in einem Formularfeld eine Eingabe vergessen hat oder auf einer 404-Fehlerseite ("Seite nicht gefunden") gelandet ist.

5. Verlinkungen:

Sind Links auf euren Webseiten eindeutig als solche erkennbar? Und ist der Link-Text selbsterklärend? Statt "Mehr" oder "Hier klicken" sollte der verlinkte Text dem User klarmachen, wo er thematisch nach dem Klick rauskommt.

… und immer den User fragen

Das waren meine fünf Checklisten, mit denen ihr eure Website oder App deutlich benutzerfreundlicher machen könnt.

Das Wichtigste zum Schluss: Ob euer Online-Auftritt tatsächlich benutzerfreundlich ist, bestimmt nicht ihr – sondern eure Zielgruppe. Die Menschen, die ihr mit eurem Angebot erreichen und davon überzeugen wollt.

Deshalb: Führt, wann immer ihr könnt, User-Tests durch. Dabei bittet ihr Personen, die eurer Zielgruppe entsprechen, kleine Aufgaben auf eurer Website oder in eurer App durchzuführen: Lasst sie zum Beispiel zehn Sekunden lang eure Startseite betrachten und dann schildern, um was es ihrer Meinung nach auf der Website geht. Weitere mögliche Tests: Lasst sie auf euren Seiten Kontaktmöglichkeiten suchen, eine Testbestellung durchführen oder euren Newsletter abonnieren.

Leitfäden und Tools für User-Tests gibt es viele: von kostenlosen Vorlagen für Usability-Tests bis hin zu kostenpflichtigen (von mir bereits genutzten und deshalb aus eigener Erfahrung empfehlenswerten) Anbietern von Usability-Online-Tools wie RapidUserTests.

Wichtig: Usability-Tests können nur aussagekräftig sein, wenn ihr eine genaue Vorstellung von eurer Zielgruppe habt. Lasst ihr dagegen wahllos Personen euren Online-Auftritt testen, werdet ihr kein eindeutiges Meinungsbild bekommen. Nutzt deshalb Testpersonen, die eurer Zielgruppe entsprechen und die euer Unternehmen und euren Online-Auftritt noch nicht kennen.

Abgesehen davon gilt die Regel: Jeder Usability-Test ist besser als gar keiner.

Ich wünsche euch viel Erfolg bei eurer Usability- und UX-Optimierung. :-)

Link-Tipps:

Kommentare

Hier bloggt Mathias Sauermann:

NEWSLETTER:

Erhalte die besten Beiträge meines Blogs >gratis und freibleibend!

Vernetze dich mit mir auf LinkedIn Xing FacebookInstagram.

Weitere spannende Beiträge dieses Blogs findest du in den Rubriken:
Online-Marketing-Tipps
Digitalisierung

Meinung!
Onliner-Allerlei


Titelbild: Digital Art unter CC0 1.0