LinkedIn 2023: Killt der neue Algorithmus belanglose und deplatzierte Posts?
Das US-Wirtschaftsmagazin "Entrepreneur" veröffentlichte jüngst ein spannendes Interview mit LinkedIn: Demnach hat die Plattform die Gefahr erkannt, angesichts vieler business-irrelevanter Posts zu einem belanglosen Pseudo-B2B-Instagram zu werden – und zieht 2023 die algorithmische Bremse. Euer Blogger applaudiert!
Kennt ihr das schöne Gefühl, in eurer Wahrnehmung bestätigt zu werden? Man fragt sich bei einem Thema, ob man der Einzige ist, dem etwas (oder jemand) sauer aufstößt – um dann zu erleben, dass es anderen Menschen mit diesem Thema oder dieser Person ähnlich geht.
So fühlte ich mich, als ich kürzlich den Artikel "LinkedIn Changed Its Algorithms – Here's How Your Posts Will Get More Attention Now" auf entrepreneur.com las (Link am Ende des Beitrages).
In Sachen Social Media ist LinkedIn meine Lieblings-Plattform. Doch seit geraumer Zeit nervt mich der zunehmend belangloser werdende Content, der immer weniger mit Business zu tun hat – dafür immer mehr mit nervigsten Ego-Inszenierungen à la Instagram oder plakativer Meinungsmache à la Facebook.
Meinen Ärger darüber kanalisierte ich bereits im Sommer 2022 in meinem Blog-Beitrag "Selfie-Wahn: Verkommt LinkedIn zum banalen B2B-Instagram?" (Link am Ende des Beitrages).
Das aktuelle LinkedIn-Interview auf entrepreneur.com zeigt: Auch viele andere User*innen beschweren sich, dass ihre Feeds von Posts überschwemmt werden, die keinen relevanten Business-Content bieten.
Die Qualitäts-Manager*innen von LinkedIn berichten, dies grundlegend ändern zu wollen. Schauen wir uns die algorithmischen Details an:
LinkedIn-Algorithmus: Viraler Content wird kritisch gesehen
Hunderttausende Einblendungen, Likes im vierstelligen Bereich, dutzende Kommentare und Shares: Ist ein Post besonders reichweitenstark, spricht man von viralem Content (weil er sich verbreitet wie ein Virus).
Was in der Social-Media-Welt prinzipiell erwünscht ist, sieht der LinkedIn-Algorithmus seit 2023 kritisch: Eine Business-Plattform soll sich durch inhaltliche Relevanz (die Arbeitswelt betreffend) auszeichnen – und nicht durch "Katzen-Content", inszenierte Selfie-Eskapaden oder Porträtfotos der heimischen Yucca-Palme.
Kommt es zu einem viralen Post auf LinkedIn, prüft die Plattform künftig verstärkt, wie business-relevant der Content dieses Beitrages tatsächlich ist – und tritt eventuell auf die Sichtbarkeits-Bremse.
LinkedIn 2023: Welche Posts künftig erfolgversprechend sind
Der LinkedIn-Feed soll relevanter und informativer werden:
➤ Posts durchschnittlicher User*innen werden prinzipiell sichtbarer: Verschwand der Post eines durchschnittlichen LinkedIn-Users bislang schnell in der Versenkung, sollen Beiträge von "Nicht-Influencern" ab sofort im Feed ihrer LinkedIn-Kontakte präsenter sein.
Entscheidend ist jedoch der Inhalt:
➤ Wissensvermittlung und Rat (Knowledge & Advice) werden als Content algorithmisch bevorzugt: LinkedIn ist eine Business-Plattform, entsprechend sind User interessiert an Content, der ihnen hilft, ihren Job bestmöglich zu erledigen. Ein nach Likes lechzendes Selfie samt Glückskeks-Weisheit gehört definitiv nicht dazu.
➤ Die neue Leitfrage des LinkedIn-Algorithmus lautet: Hilft der gepostete Content den LinkedIn-Mitgliedern, produktiver und erfolgreicher zu arbeiten? Dabei achtet der Algorithmus auf folgende drei Signale:
1. Spricht der Post eine eindeutige Zielgruppe an? In meinen Augen ist das ein ganz wichtiger Punkt, denn diese unsäglichen Selfies der kontextlosen Sorte tun genau das nicht. Sie adressieren einfach nur ein möglichst große Gruppe von Claqueuren.
2. Schreibt der/die Post-Verfasser*in über sein/ihr Fachgebiet? Auch diesen neuen algorithmischen Ansatz begrüße ich sehr, denn er bremst User, die meinen, sich auf einer Business-Plattform zu business-irrelevanten Dingen äußern zu müssen.
3. Bekommt der Post aussagekräftige und sinnvolle Kommentare? Bislang machte der LinkedIn-Algorithmus einen Post automatisch sichtbarer, wenn dieser Kommentare bekam – unabhängig von der Qualität der Kommentare. Die Folge: Manch (selbsternannter) "Influencer" mobilisierte Hinz und Kunz mit der Bitte, seine Posts zu kommentieren, um diese reichweitenstärker zu machen. Entsprechend fiel die Qualität vieler dieser Kommentare aus: von "Toll!" über "Hurz!" bis hin zu "Hrghpf!".
Damit ist jetzt Schluss: Der Algorithmus bewertet Kommentare hinsichtlich ihrer Aussagekraft und Sinnhaftigkeit und achtet darauf, wer kommentiert. Je fachlich näher der Job des Kommentierenden am Thema des Posts ist, desto besser. Und: Je mehr Anschlusskommentare ein Kommentar erhält, desto besser.
LinkedIn will den konstruktiven Dialog auf seiner Plattform fördern (nicht aus Nächstenliebe, sondern weil dies die User an die Plattform bindet und somit LinkedIn als B2B-Werbeträger interessanter macht).
Algorithmus-Update: LinkedIn macht es richtig
Soweit ein Überblick zu dem, was die LinkedIn-Offiziellen auf entrepreneuer.com zum Algorithmus-Update 2023 berichten.
Ich begrüße die Maßnahmen sehr, weil sie unmittelbar auf die User Experience der Plattform einzahlen. Auch betriebswirtschaftlich ist der Schritt durchdacht, weil er zwei Risiken verringert:
Würde der Business-Kontext auf LinkedIn zusehends verwässern, …
➤ … würden die (kostenpflichtigen) LinkedIn-Premium-Mitgliedschaften für User*innen uninteressanter werden,
➤ und Unternehmen würden sich fragen, warum sie auf LinkedIn werben oder kostenpflichtige Recruiting-Kampagnen fahren sollen, wenn die Plattform auf den ersten Blick nicht mehr von Facebook oder Instagram zu unterscheiden ist.
Folglich fokussiert LinkedIn künftig wieder stärker die B2B-Social-Media-Welt, um dort die Nr. 1 zu sein und zu bleiben. In Sachen erfolgreiche Markenschärfung ist das genau der richtige Weg.
Ich freue mich auf einen runderneuerten LinkedIn-Feed in 2023!
Quelle:
- entrepreneur.com: LinkedIn Changed Its Algorithms – Here's How Your Posts Will Get More Attention Now
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