IT-Beratung 2023: Was Unternehmen wollen und Dienstleister bieten

Das Marktforschungs-Institut Lünendonk veröffentlichte jüngst seine Studie "Der Markt für IT-Dienstleistungen in Deutschland 2023". Einige spannende Ergebnisse und Prognosen habe ich für euch zusammengefasst.


Symbolbild IT-Consulting
Dieses Bild erstellte das KI-Tool "Stable Diffusion" anhand des Prompts "it consulting".

Wer steht hinter der IT-Consulting-Studie?

Die Lünendonk & Hossenfelder GmbH mit Sitz im bayerischen Mindelheim bietet seit 1983 B2B-Branchen-Analysen – unter anderem zu den Sektoren IT, Managementberatung, Wirtschafts­prüfung, Steuer- und Rechtsberatung.

Wer wurde für die IT-Consulting-Studie befragt?

➤ Zum einen wurden 106 in Deutschland tätige IT-Dienstleister von Lünendonk zwischen Februar und April 2023 schriftlich interviewt. Die Studie berücksichtigt sowohl IT-Beratungs-Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland als auch deutsche Tochtergesellschaften internationaler IT-Dienstleister.  

➤ Zum anderen befragte Lünendonk 123 Kunden-Unternehmen von März bis April 2023 telefonisch und online zu ihren Digital- und IT-Strategien. Es sind alle Unternehmensgrößen vertreten, schwerpunktmäßig mittelständische Firmen mit Umsätzen bis zu 500 Millionen Euro. Die Branchen-Verteilung der befragten Kunden-Unternehmen auf einen Blick:

  • 41 % Industrie (inkl. Automotive)
  • 16 % Finanzdienstleistungen
  • 09 % Handel
  • 09 % Telekommunikation & Media
  • 07 % Energie
  • 04 % Transport & Logistik
  • 13 % Sonstige

Wie entwickelte sich der IT-Consulting-Markt 2022?

Laut Lünendonk erreichte das Marktvolumen für IT-Dienstleistungen 2022 einen neuen Rekordwert. Gründe hierfür sind die gestiegenen Ausgaben für die digitale Transformation sowie der Fachkräftemangel auf Kunden-Seite (fehlende Digital- und IT-Experten*innen in Unternehmen und im öffentlichen Sektor). 

Damit entkoppelt sich der durchgängig boomende IT-Consulting-Markt weiter von der schwankenden Gesamtwirtschaft.

Vorangetrieben wird diese Entwicklung dadurch, dass sowohl Unternehmen als auch der öffentliche Sektor ihre IT-Landschaften modernisieren müssen. Ziel ist eine flexible, skalierbare und schnittstellenoffene IT-Infrastruktur, was intensive Langstrecken-IT-Projekte mit sich bringt.

Neben der IT-Modernisierung wird das Thema Cybersecurity immer relevanter: Je mehr Prozesse, Produkte, Services und Geschäftsmodelle online-basiert und vernetzt laufen, desto größer werden ihre digitalen Angriffsflächen.

Bereiche, in denen IT-Dienstleister für ihre Kunden 2022 tätig waren (in Klammern: Entwicklung gegenüber 2021):

  1. IT: 95 % (-1 %)
  2. Logistik: 61 % (-7 %)
  3. Finance: 60 % (+6 %)
  4. Produktion: 58 % (-9 %)
  5. Vertrieb: 56 % (-10 %)
  6. Marketing: 39 % (+4 %)
  7. Forschung & Entwicklung: 37 % (-3 %)
  8. Einkauf: 36 % (+11 %)
  9. HR: 32 % (+ 7 %)

Entsprechend dieser hohen Nachfrage entwickeln sich die Kennzahlen der IT-Consulting-Branche:

➤ Der Umsatz der in Deutschland tätigen IT-Dienstleistungs-Unternehmen wuchs 2022 um durchschnittlich 13,2 %. 

➤ Für 2023 erwarten die von Lünendonk befragten IT-Dienstleister ein durchschnittliches Wachstum von 12,2 % und in 2024 von 13,5 %.

➤ Besonders deutlich wächst die Nachfrage des öffentlichen Sektors nach IT-Dienstleistungen: Der im Public Sector generierte Umsatzanteil von IT-Dienstleistern belief sich 2022 auf 9,0 %. 

➤ 89 % der befragten IT-Dienstleister erwarten ab 2023 eine stärkere Nachfrage in den Feldern Cloud-Transformation. Es folgen Cybersecurity und Data Analytics (datengetriebene Organisation). 2022 besonders stark nachgefragt waren die Themen Cloud-Transformation, Data Analytics, IT-Modernisierung und Software-Entwicklung.

➤ 80 % der Anwenderunternehmen werden laut der Studie 2024 über ein größeres Budget für Cybersecurity verfügen.

➤ Immer mehr Unternehmen und Behörden wandeln sich laut der Studie zu produktorientierten Organisationen: Business und IT verschmelzen zu BizDevOps-Einheiten (Business + Software-Entwicklung + System-Administration).

IT-Consulting: Nachfragethemen 2022 bis 2024 aus Dienstleistersicht

Die 2022 lukrativsten IT-Beratungsthemen waren laut der befragten IT-Dienstleister:

  1. IT-Modernisierung
  2. Cloud-Transformation
  3. Individualsoftware-Entwicklung
  4. Cybersecurity
  5. Managed Services / Application Management
  6. Wandel zur datengetriebenen Organisation

2023/2024 erwarten die IT-Dienstleister eine erhöhte Nachfrage in folgenden Beratungsfeldern:

  1. Cloud-Transformation
  2. IT-Modernisierung
  3. Cybersecurity
  4. Wandel zur datengetriebenen Organisation
  5. Prozesseffizienz & Prozessautomatisierung

Auch das Thema User Experience (UX, Nutzer-Erfahrung) wird wichtiger. Grund: Wo immer Software entsteht, mit der Menschen arbeiten sollen, braucht es eine anwenderfreundliche Benutzeroberfläche und ein positives Nutzererlebnis.

Die umsatzstärksten großen IT-Dienstleister (Inlandsumsatz 2022)

Laut der Lünendonk-Studie waren dies 2022:

  1. Accenture (2,9 Mrd. Euro)
  2. Capgemini (2,05 Mrd. Euro)
  3. IBM (1,85 Mrd. Euro)
  4. Tata Consultancy Services (928,7 Mio. Euro)
  5. MSG Systems (902,6 Mio. Euro)

Die umsatzstärksten mittelständischen IT-Beratungshäuser (Inlandsumsatz 2022)

Hier nennt die Studie folgende Firmen:

  1. Valantic (413,0 Mio. Euro)
  2. Senacor (210,0 Mio. Euro)
  3. Intive (200 Mio. Euro)
  4. Conet (193 Mio. Euro)
  5. Init (175 Mio. Euro)

IT-Consulting: Der öffentliche Sektor als Beratungs-Feld

Laut der Lünendonk-Studie fragen Ministerien, Behörden und Kommunen verstärkt nach IT-Dienstleistungen. Ein Grund ist das sogenannte "Onlinezugangsgesetz" (OZG), welches vorsieht, rund 600 Verwaltungsleistungen zu digitalisieren. 

Weitere IT-Nachfragetreiber im Public Sector: 

  • Daten-Interoperabilität sicherstellen
  • IT modernisieren
  • Cloud-Services nutzen
  • Cybersecurity ausbauen

Die Branche der öffentlichen Verwaltung ist auch deshalb attraktiv für IT-Dienstleister, weil sie konjunkturunabhängig ist. Das bedeutet: Während die Höhe der IT-Budgets in der freien Wirtschaft von konjunkturellen Schwankungen abhängt, bleibt der Public Sector davon unberührt, weil er steuerfinanziert ist.

Die größten Kundengruppen der IT-Dienstleister

Das Kundengruppen-Ranking der Lünendonk-Studie für 2022:

  1. Industrie: 35 %
  2. Finanzdienstleistungen: 20,4 %
  3. Behörden, öffentlicher Dienst: 9,0 %
  4. Telekommunikation, IT, Medien: 8,1 %
  5. Handel: 7,1 %
  6. Energie: 4,1 %
  7. Verkehr, Logistik: 4,0 %
  8. Gesundheitswesen: 3,8 %

IT @ Nachhaltigkeit

Die Europäische Kommission verpflichtet Unternehmen ab 2024, über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit zu informieren.

Das dazugehörige Label lautet "Corporate Sustainability Reporting Directive" (CSRD). In der praktischen Umsetzung auf Unternehmensseite greift die sogenannte "Environmental, Social and Corporate Governance" (ESG), zu Deutsch "Umwelt-, Sozial- und Regierungs-, Amts- oder Unternehmensführung".

Entsprechend sind für 74 Prozent der von Lünendonk befragten IT-Dienstleister ökologische Nachhaltigkeitsziele sehr relevant. 73 Prozent sehen darin auch die Chance, als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.

IT-Branche: Mitarbeiterfluktuation & Fachkräftemangel

Auf Seiten der IT-Dienstleister:
➤ 2021 betrug die Mitarbeiterfluktuation bei IT-Dienstleistern noch 11,3 Prozent, 2022 verbesserte sie sich auf 10,7 Prozent. 

➤ Immer mehr IT-Dienstleister eröffnen Standorte in Nearshore-Ländern (wörtlich "küstennahe Länder", gemeint sind nahegelegene Niedriglohnländer). Beliebteste Nearshore-Länder der befragten IT-Dienstleister sind Rumänien, Polen und Bulgarien.

➤ 2022 wurden laut Lünendonk durchschnittlich 6,5 % (Median: 3,8 %) der von den befragten IT-Dienstleistern erbrachten Leistungen aus Nearshore-Regionen und weitere 8,9 Prozent (Median: 0 %) aus Offshore-Standorten (entfernte Länder) geliefert. Beliebteste Offshore-Länder sind Indien, Vietnam, Pakistan und diverse südamerikanische Länder.

Auf Seiten der Kunden-Unternehmen:
➤ 53 % der von Lünendonk befragten Kunden-Unternehmen gaben an, bei bestimmten Ausschreibungen kaum lieferfähige IT-Dienstleister finden zu können

➤ 67 % der befragten Kunden-Unternehmen wollen deshalb ihre IT-Dienstleister stärker an sich binden, um sich langfristig deren Lieferfähigkeit zu sichern.

➤ Das Fehlen von Digital-Experten verlangsamt in 62 % der befragten Kunden-Unternehmen die digitale Transformation.

IT-Dienstleister: Preise & Honorarsätze 2023

82 % der befragten IT-Dienstleister erhöhten 2022 ihre Preise um durchschnittlich 4,7 % und 2023 um durchschnittlich 5,8 %. 

Die durchschnittlichen Tagessätze auf einen Blick:

  • Beratung/Konzeption: 956 bis 1.735 Euro
  • Software-Entwicklung: 766 bis 1.298 Euro
  • Systemintegration und Software-Einführung: 846 bis 1.454 Euro

IT-Consulting 2023: Die Top-Themen der Kunden-Unternehmen

Laut der Lünendonk-Studie fokussieren Kunden-Unternehmen die folgenden IT-Bereiche:

  1. Cybersecurity / Informations-Sicherheit: 82 %
  2. Prozess-Effizienz und -Automatisierung: 75 %
  3. IT-Modernisierung: 75 %
  4. Digital Workplace: 62 %
  5. Cloud-Transformation: 59 %
  6. Wandel zur datengetriebenen Organisation: 56 %
  7. Individualsoftware-Entwicklung und Systemintegration: 50 %
  8. Digital Experience entlang der gesamten Wertschöpfungskette: 47 %
  9. Digitale Produktentwicklung, Embedded Systems: 40 %
  10. Aufbau und Implementierung von E-Commerce-Plattformen: 40 %
  11. Aufbau einer klima- und ressourcenschonenden IT-Lieferkette: 37 %

Die wichtigsten Technologie-Trends

Hier vergleicht Lünendonk die Prognose der IT-Dienstleister mit der der Kunden-Unternehmen – und stellt einige spannende Abweichungen fest:

Data & Analytics: 92 % (IT-Dienstleister) zu 64 % (Kunden-Unternehmen)

DevOps: 92 % (IT-Dienstleister) zu 50 % (Kunden-Unternehmen)

Cloud-native: 91 % (IT-Dienstleister) zu 57 % (Kunden-Unternehmen)

Künstliche Intelligenz: 83 % (IT-Dienstleister) zu 54 % (Kunden-Unternehmen)

Low-Code / No-Code: 65 % (IT-Dienstleister) zu 37 % (Kunden-Unternehmen)

RPA / Robotics: 63 % (IT-Dienstleister) zu 38 % (Kunden-Unternehmen)

Fazit: IT-Consulting 2023

Soweit einige spannende Ergebnisse der Studie. Die Nachfrage nach IT- und Digitalisierungs-Dienstleistungen ist ungebrochen – doch der Fachkräftemangel bremst viele Bemühungen aus.

Sowohl für IT-Dienstleister als auch für Kunden-Unternehmen bleibt die größte Herausforderung, qualifiziertes Personal zu finden und zu halten.

Offen bleibt aber auch die Frage, ob sich deutsche Unternehmen auf Geschäftsmodell-Ebene wertschöpfend digitalisieren können. Ein Blick auf das Ranking der global wertvollsten Unternehmen nach Marktkapitalisierung (Börsenwert) zeigt: Europäische Firmen sind weit abgeschlagen. 

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