Headsets für Video-Calls: Meine Customer Journey durch die UX-Hölle

Die Mission klang einfach: ein Headset finden, das eine umfassende Geräuschunterdrückung (Noise Cancelling) bietet. Sowohl auf dem Mikro (damit die anderen Call-Teilnehmer nicht meine Umgebung hören), als auch auf den Ohren (damit ich ausschließlich die anderen Call-Teilnehmer höre). Ein Online-Shopping-Spaziergang? Mitnichten! Meine Customer Journey wurde zum unerquicklichen Absurditäten-Theater. 


Ein brennendes Headset
Dieses Bild erstellte das KI-Tool Craiyon anhand des Prompts "burning headset".

Video-Calls sind fester Bestandteil der post-pandemischen Arbeitswelt. Der Traum eures Bloggers: Ob Büro, Homeoffice, Coworking-Space oder Café, ich will ein Headset aufsetzen und mich akustisch abgeschirmt von der Außenwelt auf den Video-Call konzentrieren.

Bislang war mein treuer Begleiter ein "Logitech 960 USB Headset": Unter 40 Euro und damit eher Low-Budget, punktete es stets mit ...

  • ... einem guten Tragekomfort, 
  • einem sehr guten Noise Cancelling auf dem Mikro 
  • und einer hervorragenden Sprachübertragung. 
Ob Zoom, Microsoft Teams oder Google Meet: Das kleine, aber feine Logitech meisterte jeden Call ...

... ließ aber eine Geräuschunterdrückung auf den Ohren vermissen: Parallel-Meetings um mich herum, Verkehrslärm bei offenem Fenster, verbal-akustisch überdurchschnittlich präsente Kolleg*innen in meiner Umgebung – alles drang während eines Video-Calls ungefiltert an mein Ohr.

Kurzum: Ich wollte ein Headset mit Noise Cancelling sowohl auf dem Mikro als auch auf den Ohren. Let's go, Amazon!

Der Headset-Tragödie erster Teil: Lost im Amazon-Kosmos

Euer Blogger ist eine Recherche-Maschine: Wenn ich online etwas finden will, lege ich einen Deep Dive hin. Weit über den Punkt hinaus, an dem die allermeisten Menschen das Handtuch werfen.

Doch die Such-Mission "Headset mit umfänglicher Geräuschunterdrückung" wurde im weltweit größten Online-Shop zum hoffnungslosen Unterfangen. Nicht, weil Amazon mir keine Suchtreffer ausspuckte. Sondern weil die Headset-Hersteller dieser Welt schlicht und ergreifend unfähig sind, ihre Produkte so zu beschreiben, dass in Sachen Noise Cancelling keine Fragen offen bleiben.

Irgendwo in den (teils erbärmlich schlecht automatisiert übersetzten) Produkttexten stand etwas von "Noise Cancellation" (auch charmant translated mit "Lärm-Stornierung") – aber es wurde einfach nicht klar, ob sich das nur aufs Mikro oder auch auf die Kopfhörer bezieht.

Erst nach ausführlichen Recherchen auf den jeweiligen Anbieter-Webseiten konnte ich vielversprechende Headset-Kandidaten identifizieren – um beim Praxistest durch die 9 Kreise der UX-Hölle zu stapfen (der alte Dante hätte seine helle Freude gehabt).

Der Headset-Tragödie zweiter Teil: Eine UX-Massenkarambolage in Super-Zeitlupe

Kandidat Nr. 1 hörte auf den Namen "Razer Blackshark V2 - Premium E-Sport-Headset". Yes, tatsächlich für die Gaming-Welt konzipiert und entsprechend groß dimensioniert, kam es beim ersten Aufsetzen durchaus dem nahe, was ich suchte: wohlige akustische Abschirmung von der Außenwelt.

Freudig ging ich mit dem Razer in meine ersten Microsoft-Teams-Calls – um alsbald von meinen Gesprächspartner*innen zu erfahren, dass man Kollege X lauthals im Hintergrund krakeelen höre.

Bockmist, ick hör dir trapsen: Welchen Sinn hat ein Gaming-Headset, das Noise Cancelling auf den Ohren, aber nicht auf dem Mikro bietet? 

Eine erneute Recherche auf den Webseiten desselben Anbieters brachte Kandidat Nr. 2 namens "Razer BlackShark V2 X USB" zum Vorschein.

Das Headset-Modell "Razer BlackShark V2 X USB"
Das Headset-Modell "Razer BlackShark V2 X USB"

Garantierte Geräuschunterdrückung auf Ohr UND Mikro! Hatte ich mein Ziel erreicht? Das vollendet veredelte Noise-Cancelling-Headset? Aufsetzen und die Außenwelt akustisch aussperren?

Ja!

Ja, aber?

Großes Aber! Geräuschunterdrückung bot es rundum. Aber mit Microsoft Teams kam es überhaupt nicht klar: In Calls klang ich wie ein stark sächselnder Zeitgenosse, der zu tief ins Glas geschaut hatte. Wahlweise auch wie ein Frosch from Outerspace, der inmitten eines Raum-Zeit-Kontinuum-Risses munter Richtung Erde quakt (hatte durchaus etwas klanglich Transzendentales).

Vielleicht unterhalten sich manche Gamer ja gerne mit absurd verzerrten Stimmen. Für business-bezogene Video-Calls funktioniert das jedenfalls N.I.C.H.T.! Nächster!

Kandidat Nr. 3 hörte auf den Namen "Yealink UH37 Professionelles USB Headset". 

Das Headset-Modell "Yealink UH37"
Das Headset-Modell "Yealink UH37"

Yea(h). Klang jetzt erstmal nicht unvielversprechend. Geräuschunterdrückung auf Mikro und Ohr? Yes. Auf dem Ohr nicht so gut wie die Razer-Exemplare, da nur aufliegend (nicht umschließend). Aber durchaus praktikabel.

Auf in den nächsten Microsoft-Teams-Call!

"Mathias?"

Jawohl, anwesend.
"Mathias??"
Ja, hier, hallo.
"Man hört dich fast nicht. Nur ganz leise."
Wie jetzt? Alle Volume-Regler hochgedreht (Systemsteuerung und in Teams).
"Bist immer noch super leise."  

Meine dritte Headset-Pleite nahm ich mit Sarkasmus: Vielleicht versteht der Hersteller Yealink (von mir umgetauft in Nölink) unter Noise Cancelling, dass das Gelaber des Headset-Trägers unterdrückt wird? Ganz großes Headset-Kino. Yea? Nö! 

Ich wollte nicht aufgeben. Es MUSSTE doch ein Headset geben, das ...

  • ... Geräuschunterdrückung auf dem Mikro 
  • UND auf den Ohren bietet 
  • UND mit Microsoft Teams harmoniert. 
Is' doch jetzt echt nicht zu viel verlangt, Herrschaften.

Auftritt Kandidat Nr. 4. Name: "EPOS Sennheiser Adapt 560 II". Microsoft-Teams zertifiziert! Noise Cancelling auf Mikro und Ohr! DAS musste es sein! 

Das Headset "EPOS Sennheiser Adapt 560 II"
Das Headset "EPOS Sennheiser Adapt 560 II"

Nope. War es nicht. Gefühlt 38 Knöpfe quer über das ganze Headset verteilt.

"Drücken Sie Knopf X 2-mal für Talk-through,
die Knöpfe X und Y 2 Sekunden für Geräuschunterdrückung,
die Knöpfe X, Y und Z 4 Sekunden für Ein/Aus"
und 5,24 Sekunden für Xakeklrldm!"
    

Hä? Es hätte mich nicht überrascht, in dieser Bedienungsanleitung aus der Hölle etwas zu lesen wie:
"Drücken Sie Taste Y nur bei Vollmond"
oder "Halten Sie X und Y gedrückt, bis von Westen der Ruf des Adlers ertönt".

Nach ewigem Gefrickel glaubte ich, eine passende Einstellung gefunden zu haben ... um dann im Microsoft-Teams-Call zu erfahren, ich klänge blechern und weit weg. Das war es auch mit Kandidat 4.

Aus. Ende. Feierabend!

Einmal Headset-Hölle und zurück

Ich nutze jetzt wieder mein günstiges "Logitech 960 USB". Keine Geräuschunterdrückung auf dem Ohr. Aber eine sehr gute auf dem Mikro. Superleicht zu tragen. Und in Sachen Sprachübertragung in Video-Calls megaverlässlich.

Das Headset "Logitech 960 USB"
Das Headset "Logitech 960 USB"

Ob ich bis zur Rente (zirka 2042) noch ein Headset finde, das umfängliches Noise Cancelling bietet und mit allen gängigen Video-Conferencing-Tools harmoniert? 

Ich weiß es nicht. Für den Moment brauche ich eine Recherche-Pause.

Habt ihr einen Headset-Tipp? Lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen.

Kommentare

Hier bloggt Mathias Sauermann:

NEWSLETTER:

Erhalte die besten Beiträge meines Blogs >gratis und freibleibend!

Vernetze dich mit mir auf LinkedIn Xing FacebookInstagram.

Weitere spannende Beiträge dieses Blogs findest du in den Rubriken:
Online-Marketing-Tipps
Digitalisierung

Meinung!
Onliner-Allerlei


Titelbild: Digital Art unter CC0 1.0