Zukunft der Google-Suche [Teil 2]: Gefährdet GenAI den Milliarden-Umsatz des Tech-Riesen?

Mitte Mai 2024 launchte Google in der US-Suche seine "AI Overviews": Sie zeigen bei einigen Suchanfragen generative KI-Antworten (engl. Generative AI, kurz GenAI), wie wir sie von ChatGPT kennen. Der Start von "AI Overviews" war holprig – was an der grundsätzlichen Marschrichtung aber nichts ändern dürfte: KI-generierte Antworten werden zum Standard-Feature in der Google-Suche. Wie riskant ist das für Googles bisheriges Umsatzmodell?


Knapp 80 Prozent seines Gesamt-Umsatzes macht Google als Werbeträger.
Knapp 80 Prozent seines Gesamt-Umsatzes macht Google als Werbeträger.

Der erste Teil meiner Blog-Serie zur Zukunft der Google-Suche (Link am Seitenende) beleuchtete folgende Punkte:

  • Google-Suche 2024: Vom Disruptor zum Disruptierten?
  • Die US-Medienresonanz zu "AI Overviews" Anfang Juni 2024
  • Googles "AI Overviews": Die Ängste der Medien


Dieser vorliegende zweite Teil fokussiert nun folgende Themen:

  • Googles Milliarden-Umsatz: So setzt er sich zusammen
  • Wie Google bislang Werbeflächen in seiner Suche platziert
  • Generative KI: Googles bislang größte Challenge
  • Wie wird Google in KI-Antworten Werbeflächen platzieren?

Googles Milliarden-Umsatz: So setzt er sich zusammen

Das 1998 gegründete Google ist mittlerweile eines von rund einem Dutzend Tochterunternehmen der 2015 gegründeten Dachgesellschaft Alphabet Inc. – generiert dabei aber beinahe deren gesamten Umsatz:

  • 305,63 Milliarden US-Dollar betrug 2023 der Google-Umsatz als Alphabet-Tochter.
  • 307,39 Milliarden US-Dollar betrug 2023 der Gesamtumsatz der Alphabet-Holding.

Wie verdient Google dieses Geld? Das Statistik-Portal Statista schreibt dazu:

"Advertising remained the main revenue-generating segment for Google in 2023. [...], 77.8 percent of Google's revenue came from advertising on Google properties and YouTube. The Google Cloud revenue segment generated 10.8 percent of the company's revenues, [...]."

"Werbung blieb auch 2023 der wichtigste Umsatzträger für Google. [...], 77,8 Prozent des Umsatzes von Google stammten aus Werbung auf Google und YouTube. Das Umsatzsegment Google Cloud erwirtschaftete 10,8 Prozent des Umsatzes des Unternehmens, [...]."

Das IT-Portal Techopedia ergänzt:

"[...]: Advertising is Google's primary revenue source, coming from selling ad spaces on Google Search, Maps, and YouTube. Advertisers pay Google to display their ads to potential customers." 

"[...]: Werbung ist die Haupteinnahmequelle von Google, die aus dem Verkauf von Werbeflächen in der Google-Suche, Google Maps und YouTube stammt. Werbetreibende bezahlen Google dafür, dass ihre Anzeigen potenziellen Kunden angezeigt werden." 

Die verbleibenden rund 22 Prozent des Google-Umsatzes ergeben sich laut Techopedia aus ... 

  • ... Hardware-Verkäufen (Pixel-Smartphones und Geräte der Smart-Home-Reihe Nest), 
  • App-Store-Umsätzen (Google Play in Android-Betriebssystemen), 
  • YouTube-Abonnements 
  • sowie Cloud-Diensten (Google Cloud Platform).

Es wird deutlich: Die unbezahlte (organische) Suche ist Googles maßgebliches Umsatz-Vehikel, indem es Werbeflächen ("Google Ads") innerhalb dieser Trefferlisten anbietet.

Entsprechend riskant ist es – wie im Falle von "AI Overviews" – dieses etablierte Erscheinungsbild der Google-Suche durch integrierte KI-Antworten fundamental zu verändern. Alles so zu belassen, wie es war, ist hingegen auch keine Option: Auf generative KI innerhalb der Google-Suche zu verzichten, würde neuen Mitbewerbern wie dem ChatGPT-Anbieter OpenAI in die Hände spielen. So könnte Google bei der Online-Suche erhebliche Marktanteile verlieren – und mit ihnen Umsätze.

Wie Google bislang Werbeflächen in seiner Suche platziert

Abhängig von der Suchanfrage spielt Google in der Suche bislang Werbung wie folgt aus: 

  1. keine Anzeigen (es erscheinen ausschließlich unbezahlte/organische Treffer)
  2. Suchanzeigen (optisch angelehnt an unbezahlte Treffer)
  3. Shopping-Anzeigen (optisch angereichert mit Bildern und Preisen) 

➤ Ein B2C-Beispiel für Werbeflächen in der Desktop-/Laptop-Google-Suche anhand der Suchanfrage "einrichtungstipps kleine wohnung": Es erscheint eine Leiste mit Shopping-Ads bevor die ersten organischen (unbezahlten) Treffer eingeblendet werden.

Werbeflächen in der Desktop-Google-Suche am Beispiel der Suchanfrage "einrichtungstipps kleine wohnung"
Werbeflächen in der Desktop-Google-Suche am Beispiel der Suchanfrage "einrichtungstipps kleine wohnung"


In der mobilen Smartphone-Ansicht erscheinen bei derselben Suchanfrage keine Shopping-Ads, dafür aber vier Suchanzeigen, bevor die ersten unbezahlten (organischen) Treffer eingeblendet werden:

Werbeflächen in der mobilen Google-Suche am Beispiel der Suchanfrage "einrichtungstipps kleine wohnung"
Werbeflächen in der mobilen Google-Suche am Beispiel der Suchanfrage "einrichtungstipps kleine wohnung"

➤ Schauen wir uns als B2B-Beispiel die Suchanfrage "it dienstleister cloud migration" an: In der Desktop-/Laptop-Ansicht erscheinen zwei Suchanzeigen, bevor der erste unbezahlte Treffer eingeblendet wird.

Werbeflächen in der Desktop-Google-Suche am Beispiel der Suchanfrage "it dienstleister cloud migration"
Werbeflächen in der Desktop-Google-Suche am Beispiel der Suchanfrage "it dienstleister cloud migration"

Das hier veranschaulichte Google'sche Umsatz-Modell: Unternehmen bieten monetär auf Keywords, damit ihre Anzeigen bei entsprechenden Suchanfragen eingeblendet werden. Mit diesem simplen, aber äußerst profitablen Geschäftsmodell macht Google bis heute mehrheitlich seinen Milliarden-Umsatz.

➤ Grundvoraussetzung, damit diese Rechnung aufgeht: Die online suchende Weltbevölkerung nutzt mehrheitlich Google. Dass sie das bislang getan hat, zeigt ein Blick auf die weltweiten Marktanteile im Bereich Search: Mit 80 Prozent in der Desktop-/Laptop-Suche und rund 95 Prozent im Bereich mobile Search ist Google der unangefochtene Platzhirsch unter den Suchmaschinen.

Generative KI: Googles bislang größte Challenge

2024 aber sieht sich Google erstmals der konkreten Gefahr ausgesetzt, dass dieser Marktanteil erheblich schrumpfen könnte: Die Welt spricht und staunt über generative KI im Allgemeinen und das Tool ChatGPT im Speziellen – sowie den fertigen Antworten, die diese auf Suchanfragen bieten.

Traditionelle Suchmaschinen wie Google wirken dagegen etwas altbacken: User*innen müssen in langen Trefferlisten Webseiten auswählen, ohne auf den ersten Blick erkennen zu können, ob diese ihre Suchanfrage relevant beantworten werden.

Google reagierte schnell auf den Herausforderer ChatGPT: Als Teil der KI-Initiative "Search Generative Experience" launchte der Suchmaschinenriese Mitte Mai 2024 die Funktion "AI Overviews" in der US-Suche. Bei bestimmten Suchanfragen liefert die Suchmaschine (ähnlich wie ChatGPT) KI-erzeugte Antworten.

Meine These: Was Mitte 2024 noch eine äußerst holprige Beta-Version zu sein scheint, wird in absehbarer Zeit ein Standard in der Google-Suche werden – und Google zwingen, seine buchbaren Werbeflächen bestmöglich zu integrieren.

Wie wird Google in KI-Antworten Werbeflächen platzieren?

➤ Schauen wir uns AI-Overviews-Beispiele aus der US-Suche an – zunächst in der Desktop-/Laptop-Ansicht anhand der Suchanfrage "how to get into harvard":

AI-Overviews-Beispiel in der Desktop-Suche anhand der Suchanfrage "how to get into harvard"
AI-Overviews-Beispiel in der Desktop-Suche anhand der Suchanfrage "how to get into harvard"


➤ Und in der mobilen Smartphone-Ansicht am Beispiel der Suchanfrage "how do you clean a fabric sofa":

AI-Overviews-Beispiel in der mobilen Suche anhand der Suchanfrage "how do you clean a fabric sofa"
AI-Overviews-Beispiel in der mobilen Suche anhand der Suchanfrage "how do you clean a fabric sofa"

➤ Es zeigt sich: In der Desktop-/Laptop-Ansicht platziert Google innerhalb der KI-Antwort bereits jetzt Links zu unbezahlten (organischen) Suchtreffern. Hier wäre auch Platz für Google Ads – alternativ könnten diese auch oberhalb des AI Overview eingeblendet werden.

In der mobilen Smartphone-Ansicht dagegen wird es eng. Hier bliebe nur die Option, Google Ads direkt darüber oder darunter zu platzieren.

Alles in allem: Ein Ding der Unmöglichkeit ist es nicht, auch in einer KI-angereicherten Suche Werbeflächen anzubieten.

Deshalb widerspreche ich manchen Beobachter*innen, wenn sie Google attestieren, sich gemäß der Definition des verstorbenen Harvard-Professors Clayton M. Christensen aktuell in einem "Innovator's Dilemma" zu befinden. Was es damit auf sich hat, erkläre ich im dritten Teil meiner Blog-Serie "Zukunft der Online-Suche".

Link-Tipp:

Quellen:

Kommentare

Hier bloggt Mathias Sauermann:

NEWSLETTER:

Erhalte die besten Beiträge meines Blogs >gratis und freibleibend!

Vernetze dich mit mir auf LinkedIn Xing FacebookInstagram.

Weitere spannende Beiträge dieses Blogs findest du in den Rubriken:
Online-Marketing-Tipps
Digitalisierung

Meinung!
Onliner-Allerlei


Titelbild: Digital Art unter CC0 1.0