Nachrichtenkonsum 2020: Wie sich die Welt informiert
Texte, Videos, Podcasts, Paywalls, Fake-News-Angst: Wie nutzen und bewerten
Menschen weltweit Nachrichten und Medien? Das untersuchte jüngst das "Reuters
Institute for the Study of Journalism" in der Studie "Digital News Report
2020". Einige ausgewählte Ergebnisse auf einen Blick.
(Welt
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Das "Reuters Institute for the Study of Journalism" (RISJ) ist ein
britisches Forschungszentrum der Universität Oxford.
Die Studie "Digital News Report" fragte Anfang 2020 weltweit 80.000
Menschen, wie sie News online konsumieren. Sponsoren der Studie waren unter
anderem die
Google News Initiative sowie BBC News.
Digital News Report: Ergebnisse auf einen Blick
Fake-News-Angst: Weltweit sorgen sich Nutzer angesichts im Web
kursierender Fehlinformationen (engl. to fake = "vortäuschen, fälschen").
Facebook wird am kritischsten beäugt (in Brasilien und Malaysia vor allem
WhatsApp).
Objektivität erwünscht: 60 Prozent der Befragten bevorzugen News, die
keinen speziellen Standpunkt vertreten. 28 Prozent präferieren Meldungen, die
ihre bestehende Meinung bestärken. 52 Prozent begrüßen es, wenn Medien
prominent über Falschaussagen von Politikern berichten.
Online-Bezahlschranken (Paywalls): 20 Prozent der Befragten in den USA
und 42 Prozent der Studienteilnehmer in Norwegen zeigen sich zahlungswillig,
wenn Online-News kostenpflichtig sind. Weltweit sind die meisten User jedoch
mit dem kostenlosen Online-News-Angebot zufrieden. 40 Prozent der Befragten in
den USA und 50 Prozent der Studienteilnehmer in Großbritannien sagen sogar,
dass nichts sie überzeugen könnte, für Online-News zu zahlen.
Lokale & regionale News: In den meisten Ländern bleiben
Lokalzeitungen (online und offline) die Hauptinformationsquelle für regionale
Nachrichten. Auf dem Vormarsch: Facebook- und andere Social-Media-Gruppen.
Lokalzeitungen (online und offline) treffen in einzelnen Ländern auf eine sehr
unterschiedlich ausgeprägte Wertschätzung:
- Deutschland: 54 %
- Norwegen: 49 %
- USA: 39 %
- Großbritannien: 25 %
- Argentinien: 18 %
- Taiwan: 13 %
"Mobile first" in der jungen Generation: Weltweit starten 28 Prozent
der Befragten ihre "News-Reise" auf einer Website oder in einer App. Die
18-24-Jährigen (Generation Z) dagegen informieren sich mehrheitlich in den
sozialen Medien. Wollen News-Produzenten diese Gruppe erreichen, müssen sie
ihre Inhalte auf Plattformen wie Instagram, Twitter, YouTube oder Snapchat
verfügbar machen.
Podcasts auf dem Vormarsch: Weltweit sagen 50 Prozent der Befragten,
dass Podcast-Audioformate tiefergehende und verständlichere Information böten
als andere Medien. Eine Erfolgsstory ist "The Daily" der New York Times mit täglich zwei Millionen Hörern. Podcast-Nutzer sind
tendenziell jünger und hören die Inhalte hauptsächlich über Kopfhörer auf dem
Smartphone. Beliebtester Content: News & Politik. Der Begriff "Podcast"
ist eine Kombination aus "iPod" (ein Anfang der 2000er Jahre sehr beliebtes
Abspielgerät für MP3-Dateien von Apple) und "Broadcast" (engl. für "Rundfunk"
oder "Sendung").
Vertrauen vs. Misstrauen I: 38 Prozent der weltweit Befragten sagten,
dass sie den News meistens trauen. User-Vertrauen in News nach Ländern:
- Finnland & Portugal: 56 %
- Deutschland: 45 %
- Schweiz: 44 %
- Österreich: 40 %
- USA: 29 %
- Großbritannien: 28 %
- Taiwan: 24 %
- Frankreich: 23 %
- Südkorea: 21 %
Vertrauen vs. Misstrauen II – News-Kanäle, denen am meisten
misstraut wird:
- Social Media: 40 % [Facebook 29 %, YouTube 6 %, Twitter 5 %]
- News-Seiten: 20 %
- Messenger-Apps (z. B. WhatsApp): 14 %
- Suchmaschinen (z. B. Google): 10 %
Online-News – Lesen vs. Hören vs. Anschauen: Weltweit bevorzugen Menschen online nach wie
vor das Lesen von News (vor allem in Nord- und Südeuropa), gefolgt vom Sehen (vor allem in Nordamerika und Asien) und Hören.
In Großbritannien, Australien, Frankreich und Südkorea gibt sogar die jüngere
Generation (unter 35 Jahren) an, News online lieber zu lesen als zu hören oder
anzuschauen.
Digital News Report 2020: Ergebnisse für Deutschland
Online wird Hauptinformationsquelle: Für Deutschland zeigt die
Reuters-Studie, dass Online mit TV als Haupt-Newsquelle gleichzieht. Das
Smartphone überholt den Desktop-/Laptop-Rechner als Endgerät beim
Nachrichtenkonsum.
Vertrauen vs. Misstrauen: Die Deutschen vertrauen am meisten ARD, ZDF
sowie regionalen/lokalen Tageszeitungen, am wenigsten RTL (30 %) und der
Bild-Zeitung (58 %).
Größte wöchentliche Reichweite im Bereich TV – Radio – Print:
Tagesschau/Tagesthemen (ARD)
heute (ZDF)
regionale Tageszeitungen
Größte wöchentliche Reichweite im Bereich Online:
Spiegel Online
tagesschau.de
t-online & bild.de
Veränderung der Newskanal-Nutzung in den Jahren 2013-2020 (in
Prozent):
TV: 82 ➔ 70
Online: 66 ➔ 70
Print: 63 ➔ 33
Social Media: 18 ➔ 37
Veränderung der Endgerät-Nutzung beim News-Konsum (in Prozent):
Desktop-/Laptop-Rechner: 71 ➔ 49
Tablet: 10 ➔ 22
Smartphone: 22 ➔ 58
Meistgenutzte Social Networks für News:
Facebook: 22 %
WhatsApp: 16 %
YouTube: 14 %
News-Konsum im Digitalisierungszeitalter: Mehr Mündigkeit, bitte!
Soweit die Ergebnisse der Reuters-Studie "Digital News Report 2020". Im Folgenden
eine ausdrücklich subjektive Einschätzung eures Bloggers:
Das, was früher das unreflektierte, hochgradig irrationale Rausposaunen von
Ansichten, Bauchgefühlen und substanzlosen Halbwahrheiten in Kneipen und im
Bekanntenkreis war, wird heute "Fake-News" genannt und findet in der
Online-Sphäre statt. Damit sind "Fake-News" keine Erfindung des Online-Zeitalters – gleichwohl
sie durch Social Media & Co. deutlich reichweitenstärker geworden sind.
Aber: Damals wie heute gilt, dass jeder einzelne von uns an seiner
Mündigkeit arbeiten muss. Heißt: Nur, weil im Web sehr viel (zum Teil
gefährlicher) Unfug kursiert, können wir problemlos steuern, ob wir ungeprüfte
Verlautbarungen in unsere Meinungsbildung einfließen lassen oder eben nicht.
Am praktischen Beispiel: Mehrmals täglich nachweislich
seriöse News-Seiten
anzusteuern und das virale "Stammtisch-Gebrüll" fragwürdiger Quellen
auszublenden, kann ein erster Schritt sein.
Medienkompetenz ist erlernbar. Worauf also warten?
Quelle & Link-Tipps:
- Reuters Institute: Digital News Report 2020
- "Zersetzender Pseudo-Journalismus": Wie gefährlich ist Content Marketing?
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