Marketing 2024: Die KI-Offensive ist in vollem Gange
Das Online-Portal Statista veröffentlichte 2024 die Studie "KI Compass – Wie künstliche Intelligenz das Content Marketing revolutioniert". Chancen, Risiken, konkrete Anwendungsszenarien und natürlich der Faktor Mensch: Einige der spannenden Insights und Tipps habe ich für euch zusammengefasst.
Perfektes Performance-Marketing bedeutet:
- Die anvisierte Zielgruppe
- zur richtigen Zeit,
- auf dem richtigen Kanal,
- mit dem richtigen Inhalt zu erreichen,
- um die gewünschte Conversion (Kauf, Download, Kontaktdaten-Abgabe, etc.) so wahrscheinlich wie möglich zu machen.
Je optimierter und automatisierter das gelingt, desto besser. Und genau hier
kommt künstliche Intelligenz ins Spiel – genauer gesagt ihre Teildisziplin
maschinelles Lernen.
Marketing 2024: So senkt KI die Kosten
Generative KI (engl. "generative AI" oder kurz "GenAI") nutzt maschinelles Lernen, um anhand von erlernten Mustern neue Inhalte zu erstellen. Die Consultants von McKinsey schätzen, dass diese Technologie die Marketing-Kosten in Unternehmen um 5-15 Prozent senken kann.
Kostenreduktion im Marketing durch KI-Einsatz:
- unstrukturierte Datenmengen aussagekräftig machen
- Zielgruppen effizienter ansprechen
- Kundenansprache personalisieren
Überzeugende Vorteile – denen jedoch auch einige empfundene Gefahren
gegenüberstehen:
Die Risiken des GenAI-Einsatzes im Marketing
Die größten Unwägbarkeiten laut der von Statista befragten Anwender-Unternehmen beim KI-Einsatz im Marketing:
- Datenschutzverstöße
- Fehler bei der Programmierung
- IT-Sicherheitsrisiken
- Haftungsverpflichtungen bei Schäden
- Anwendungsfehler
Kommen wir zur Frage, wie die GenAI-Praxis im Marketing aussieht:
6 Anwendungsfelder generativer KI im Marketing
1. Text-Content erstellen:
Ob Google Bard, ChatGPT oder Neuroflash: Diese und andere GenAI-Tools helfen, Text-Entwürfe zu erstellen und zu strukturieren – und das sprachlich, stilistisch und strukturell beeindruckend …
… jedoch nicht zwangsläufig auch inhaltlich korrekt: KI-erstellte Texte können
vorbildlich aussehen, ihre Informationen aber falsch oder irreführend sein.
Ohne eine menschliche Inhalts-QS geht es nicht. Was in Redaktionen die
Schlussredaktion ist, sind beim GenAI-Einsatz die menschlichen
Content-Marketer. Ihre Aufgabe lautet: gegenchecken, gegenchecken,
gegenchecken.
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2. E-Mail-Marketing personalisieren:
Personalisierung gibt es im E-Mail-Marketing seit jeher in Form von Feldbefehlen, die eine persönliche Anrede im Mailing ermöglichen ("Hallo [Vorname], …", "Guten Tag [Anrede] [Nachname], …").
GenAI-basierte Personalisierung geht deutlich weiter: Ob Anrede, Text oder
gefeaturte Beiträge und Produkte – dank einer KI-Verknüpfung mit dem CRM kann
jedes Mailing komplett personalisiert werden. Empfänger bekommen ein
automatisiert auf sie individuell zugeschnittenes "Mailing-Unikat".
Entsprechend wahrscheinlicher wird die Conversion.
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3. Customer Lifetime Value (CLV) berechnen:
Wie viele Einnahmen bringen ein Kunde oder eine Kundin über die gesamte Dauer der Kundenbeziehung? Das kalkuliert der Customer Lifetime Value (zu Deutsch "Kundenwert" oder "Kundenertragswert").Es existieren diverse CLV-Berechnungsmodelle, ein einfaches lautet:
CLV = (Deckungsbeitrag x Wiederkaufsrate) x Kundenlebensdauer - Kundenakquisitionskosten
Problematisch bei bisherigen CLV-Berechnungen: Sie beruhen häufig auf Annahmen.
KI macht es möglich, alle verfügbaren Kunden-Informationen besser zu
analysieren und zu verknüpfen. Der CLV wird genauer vorhersagbar. So lassen
sich Marketing-Aktionen gezielter durchführen und Budgets besser planen.
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4. Sentiment-Analysen optimieren:
Natural Language Processing (NLP) erfasst natürliche Sprache (natural language), um sie algorithmisch zu verarbeiten (processing)."Sentiment" bedeutet "Empfindung" oder "Stimmung". Die Sentiment-Analyse gehört zur Online-Marketing-Disziplin Social Listening: Dieses Monitoring untersucht Kommentare und User-Beiträge in der Online-Welt (Social Media, Blogs, etc.), um herauszufinden, welche Stimmungen einem Unternehmen oder einer Marke entgegengebracht werden. Es ist auch ein Frühwarnsystem für aufkommende Shitstorms.
Bisherige Sentiment-Analysen bargen ein großes Fehlerpotenzial: Beißender
Spott wurde als positives Sentiment fehlinterpretiert bzw. Posts und
Kommentare textlich missverstanden. NLP kann helfen, die Sentiment-Analyse
semantisch treffsicherer zu machen.
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5. Marketing-Daten besser nutzen:
Aus Massendaten (Big Data) aussagekräftige Informationen (Smart Data) machen: Marketingabteilungen sahen sich bislang unstrukturierten Daten-Bergen gegenüber – ohne echte Erkenntnisse daraus ziehen zu können.
KI kann diesen Daten-Wust logisch strukturieren und verarbeiten. Das wiederum
ermöglicht es, Marketingprozesse zielführend zu automatisieren.
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6. Suchmaschinen-Optimierung (SEO):
Wie gut oder schlecht ranken die Webseiten des Unternehmens zu welchen Suchanfragen in der unbezahlten Google-Suche?
Ob Mitbewerber-Analyse, Keyword-Recherche oder keywordoptimiertes Texten – KI
kann auch hier unterstützen (und tut dies bereits).
GenAI-Tools nutzen: So gelingt ein guter Prompt
Wikipedia, übernehmen Sie: "Als englisch prompt wird in der IT eine Aufforderung an den Benutzer bezeichnet, eine Eingabe (input) zu tätigen."
Nutzt ihr ein Tool wie Google Bard oder ChatGPT, tut ihr dies über genau diese Eingabeaufforderungen (Prompts). Damit GenAI-Tools bestmögliche Ergebnisse liefern, empfiehlt die Statista-Studie folgende 3 Prompt-Bestandteile:
Die (1) Kernanweisung ist die zentrale Aussage des Prompts. Beispiele:
- "Schreibe einen LinkedIn-Post zum Thema Data Governance."
- "Übersetze diese Liebeserklärung ins Spanische."
Der (2) Deskriptor liefert zusätzliche Informationen, um die Kernanweisung zu konkretisieren. Beispiele:
- "In einfachen Worten"
- "In Stichpunkten"
Der (3) Tonfall des Prompts kann zum Beispiel formal, informell, humorvoll oder ernst sein. Beispiele:
- "Sehr geehrte Damen und Herren" // "Hallo ihr Lieben"
-
"Ich bin erfreut, dies zu hören" // "Das klingt super"
Prinzipiell gilt: Je spezifischer ihr den Prompt formuliert, desto
bessere Ergebnisse kann das GenAI-Tool produzieren. Tipp der Statista-Studie:
Seht den Umgang mit GenAI-Tools als iterativen Prozess (= sich
schrittweise-wiederholend dem bestmöglichen Ergebnis annähernd).
GenAI: Warum der menschliche Gegencheck wichtig bleibt
Generative KI hilft, Content schneller und effizienter zu erstellen. Sie besitzt aber kein menschliches Urteilsvermögen. Die Statista-Studie bringt das mit folgendem Satz sehr schön auf den Punkt:
"[...], ist die von uns wahrgenommene Originalität eines [KI-]Ergebnisses nur das auf unendlichen Datenmengen beruhende Ausspucken eines Zufallsergebnisses, und wir nehmen diese nicht mehr nachvollziehbare Beliebigkeit als Kreativität wahr."
Oder wie es das aktuell von mir besuchte LinkedIn-Learning-Webinar "Grundlagen
KI-Recht" ausdrückt: KI-generierte Inhalte sind
"überzeugendes Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit" (was ja
durchaus eine charmante Parallele zu manch humanoider Performance in der
analogen Welt ist ;-)).
Quo vadis, KI @ Marketing?
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wohin die KI-Reise geht, lohnt laut der Statista-Studie ein Blick nach China:
- China wird bis 2030 weltmarktführend im KI-Sektor sein.
- Plattform-Ökosysteme sind die Motoren,
- Marketing in Echtzeit ist das "New Marketing".
"New Marketing" bedeutet in China: User*innen organisieren ihren gesamten Alltag in einer einzigen Super-App. Sie bleiben digital in einem einzigen Öko-System.
Ob dies als Zukunftsvision für unsere Breitengrade taugt, wage ich zu
bezweifeln: Viele der chinesischen Entwicklungen im Marketing-Bereich sind
zumindest auf EU-Boden wettbewerbs- und datenschutzrechtlich faktisch
undenkbar. In Sachen KI- und Digitalisierungs-Mindset lohnt der Blick nach
Fernost aber definitiv.
KI @ Marketing 2024: The show has just begun
Soweit einige spannende Insights der Statista-Studie "KI Compass – Wie künstliche Intelligenz das Content Marketing revolutioniert". Abschließend erneut ein Blick auf den Idealzustand des Marketings:
Die anvisierte Zielgruppe zur richtigen Zeit, auf dem richtigen Kanal, mit dem richtigen Inhalt erreichen.
Mit (generativer) KI rückt dieser Idealzustand in greifbare Nähe – automatisiert und personalisiert.
Wird der Mensch im Marketing überflüssig? Meine Antwort: Nein. Aber seine Rolle wird sich verändern: weg vom händischen Erstellen von Inhalten und Einstellen von Kampagnen, hin zum Überwachen KI-generierter Inhalte und KI-optimierter Marketing-Tasks.
Quasi Schlussredaktion 4.0. Ich freue mich auf die neuen Möglichkeiten!
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