Plattform-Ökonomie 2019: So werden Daten zu Kapital

Der hochspannende "Digital Economy Report 2019" des UN-Organs UNCTAD beleuchtet den rasanten Aufstieg digitaler Plattformen wie Google, Amazon, Facebook, Airbnb oder Alibaba. Das derzeit weltweit mächtigste digitale Geschäftsmodell definiert neu, wie Wert geschöpft wird.


Wertschöpfung in der Plattform-Ökonomie
(Plattform / Pixabay-Lizenz)

Die Marktkapitalisierung ist der Börsenwert eines Unternehmens. Ihre Formel:

➤ Anzahl der frei umlaufenden Aktien (Streubesitz) * Aktienkurs

Dies ergibt die Geldsumme, die man theoretisch aufbringen müsste, um das jeweilige Unternehmen zu kaufen. Weltweiter Spitzenreiter Ende September 2019 ist Microsoft mit einer Marktkapitalisierung von rund einer Billion (!) US-Dollar. Das wertvollste deutsche Unternehmen ist weit abgeschlagen: Der Börsenwert von SAP liegt im selben Zeitraum bei weniger als 150 Milliarden US-Dollar.

Sieben der acht nach Marktkapitalisierung weltweit führenden Unternehmen nutzen plattformbasierte Geschäftsmodelle. Sie bringen datenbasiert Angebot und Nachfrage in einem Öko-System aus Teilnehmern zusammen. Neben dem aktuellen Spitzenreiter Microsoft sind dies im Herbst 2019 Apple, Amazon, die Google-Mutter Alphabet, Facebook sowie die chinesischen Unternehmen Alibaba und Tencent.

Diesen Plattformen ist es gelungen, direkte sowie indirekt-wechselseitige Netzwerk-Effekte zu generieren, welche ihnen ein sehr schnelles und sehr steil verlaufendes Wachstum bescherten (sog. exponentielles Wachstum).

2 Arten digitaler Plattform-Modelle

Die Unterscheidung des "Digital Economy Report 2019":

I. Transaktions-Plattformen (auch Markt-Plattformen genannt): Es handelt sich um mehrseitige Märkte mit einer Online-Infrastruktur. Sie ermöglichen verschiedenen Parteien (= Markt-Teilnehmern) einen Austausch. Zwei Unterarten transaktionaler Plattformen:
  1. Werbegetriebene Plattformen: Beispiele sind Facebook, Google oder Twitter. Mittels ihrer Daten-Macht ermöglichen sie werbetreibenden Unternehmen passgenaues Advertising.
  2. E-Commerce-Plattformen: Beispiele sind Amazon, Alibaba oder Ebay. Anders als reine Online-Shops bieten diese Plattformen ein Öko-System bestehend aus Plattformbetreiber, Anbietern und Nachfragern.
II. Innovations-Platformen (auch technische Plattformen genannt): Zu ihnen gehören unter anderem die Betriebssysteme Android, iOS, Windows oder Linux. Sie bieten eine Infrastruktur, auf der Programmierer Anwendungen und Software entwickeln können. Anders als die UNCTAD-Studie sehe ich in dieser Kategorie auch Cloud-Computing-Plattformen wie Amazon Web Services (AWS) oder Microsoft Azure.

Das Beispiel Google zeigt, wie sich transaktionale und innovative Plattformen überkreuzen können: Googles Innovations-Plattform Android (als Smartphone-Betriebssystem) ist eng verzahnt mit den Transaktions-Plattformen Google Play Store (Apps) und Google Search.

Wertschöpfung in der Plattform-Ökonomie

Traditionell denken wir bei ökonomischer Wertschöpfung an die Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Die Haupt-Akteure sind Produzenten, Konsumenten und Regierungen.

In den Geschäftsmodellen der Digitalökonomie entsteht Wertschöpfung,...
➧ ...indem eine schnell anwachsende Daten-Menge auf einer Plattform einer Zielgruppe einen Mehrwert bietet
➧ und es dem Plattform-Betreiber so ermöglicht, Umsatz zu erwirtschaften.

"Digital Intelligence" wird zu "digitalem Kapital", wenn ein Unternehmen
  1. auf sehr viele relevante Daten zugreifen kann,
  2. deren Nutzung kontrolliert,
  3. diese Daten in gewinnbringende Erkenntnisse umwandeln kann
  4. und sie gewinnbringend in produktiven Prozessen einsetzt.
Erfolgreiche transaktionale Plattformen wie Facebook und Google haben dies perfektioniert: Ihre Angebote sind im monetären Sinne kostenlos, die User "bezahlen" mit ihren Daten, mit welchen die beiden Unternehmen wiederum beträchtliche Umsätze erwirtschaften.

USA & China als globale Plattform-Könige

Sieben der zehn weltweit wertvollsten Unternehmen sind Plattformen, darunter fünf aus den USA und zwei aus China (Tencent und Alibaba):


Bis zum heutigen Tag ist SAP das einzige global relevante deutsche Tech-Unternehmen – und dennoch ein Leichtgewicht verglichen mit den Playern aus USA und China.

Fazit: Digitale Plattformen erobern die Wirtschaft

So eindrucksvoll und faszinierend sich diese Entwicklungen darstellen: Wo bleibt 2019/2020 Europa bei all dem? Im Privatpersonen-Geschäft (B2C) scheinen die Plattformen aus den USA und China mittlerweile uneinholbar zu sein.

Im Geschäftskunden-Bereich (B2B) bestünde noch eine Chance für Europa, mit Siemens Mindsphere und Adamos gibt es Ansätze. Jedoch wollen China und die USA auch hier Fuß fassen. Eine Schlafmützigkeit wie in den vergangenen Jahren kann sich Europa schon längst nicht mehr erlauben.

Lasst es mich wissen: Wie schätzt ihr das Thema Plattform-Ökonomie ein?

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