Plattformökonomie: B2B-Marktplätze als Deutschlands Chance? (Teil 1)

Im B2C-Segment beherrschen US-Player wie Amazon, Alphabet (Google) oder Facebook sowie chinesische Anbieter wie Tencent die globale Plattformökonomie. Im B2B-Sektor dagegen wäre Wettbewerb noch möglich: Kann Deutschland hier seinen eklatanten Rückstand bei digitalen Geschäftsmodellen wettmachen?


Plattformökonomie: 5 vor 12 für Europa
(Uhr / Pixabay-Lizenz)

"Deutsche digitale B2B-Plattformen. Entwicklung eines industriellen B2B-Plattformökosystems in Deutschland fördern": So lautet der Titel eines 2021er Handbuches des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).

Schauen wir uns die Highlights:

Was ist die Plattformökonomie?

Digitale Plattformen sind Marktplätze, die datenbasiert Angebot und Nachfrage zusammenbringen. Sie sind Öko-Systeme, bestehend aus a) einem Plattformbetreiber (z. B. Amazon), b) vielen Anbietern (Händler auf Amazon) und c) vielen Nachfragern (Kunden auf Amazon).

Die Wertschöpfung verlagert sich vom Plattformanbieter auf die Öko-System-Teilnehmer. Beispiel Airbnb: Das Unternehmen besitzt keine eigenen Unterkünfte (im Gegensatz zu einem Hotelbetreiber). Es sind die beiden Marktseiten, die auf Airbnb Wert schöpfen: Personen, die Wohnraum anbieten, und Personen, die Wohnraum nachfragen. Der Plattformbetreiber stellt nur die digitale Infrastruktur für diesen Austausch bereit.

Man bezeichnet digitale Plattform deshalb auch als "assetless companies", da sie wenig bis keine Sachanlagen benötigen.

Allen Plattformen ist gemeinsam, dass sie exponentiell wachsen können (= sehr schnell, sehr steil), im Gegensatz zum linearen Wachstum klassischer Geschäftsmodelle (= stetig, aber langsam).  

Ursache dafür sind wechselseitig-indirekte Netzwerkeffekte. Beispiel Amazon: 

➤ Je mehr Händler es auf Amazon gibt, desto mehr Kunden kommen auf die Plattform

➤ Und je mehr Kunden es auf Amazon gibt, desto mehr Händler kommen auf die Plattform.

Anbieter- und Nachfrager-Seite "schaukeln" sich quantitativ gegenseitig hoch, es kommt zu einem exponentiellen Wachstum.

Das digitale Zeitalter ist ein Turbo für diese Markt-Mechanismen: Aktuell sind 7 der 10 wertvollsten Unternehmen der Welt digitale Plattformen (bezogen auf die Marktkapitalisierung, also den Börsenwert).
 

Plattformökonomie: Deutschlands und Europas Standing

Der alte Kontinent ist in der globalen Plattformökonomie weit abgeschlagen: Der wertvollste europäische Plattformbetreiber ist der deutsche Software-Riese SAP (Platz 72 im November 2021). Bereits nicht mehr in den Top 100 ist die europäische Nr. 2, die schwedische Musik-Streaming-Plattform Spotify.

Diese Zahlen lassen in eine globalwirtschaftliche Zukunft blicken: Die USA und China ziehen in Sachen Wertschöpfung davon, während Europa aufgrund überholter Geschäftsmodelle wirtschaftlich erlahmt.

Warum gibt es dieses internationale Gefälle innerhalb der Plattformökonomie? Unter anderem aus folgenden Gründen:

➤ Der europäische Markt ist verglichen mit dem nordamerikanischen und dem chinesischen nicht einheitlich (unterschiedliche Rechtsprechung, unterschiedliche Währungen, verschiedene Sprachen).

➤ Der europäische Datenschutz ist sehr restriktiv und hemmt so datenbasierte Geschäftsmodelle.

➤ Traditionelle europäische Top-Player hielten zu lange fest an alten Geschäftsmodellen.

➤ Die Start-up-Kultur ist vor allem in Deutschland im globalen Vergleich schwach ausgeprägt (geringer Gründungswille, wenig Risikokapital).

B2B-Plattformökonomie: Deutschlands Chance?

Beobachter sehen den Zug für Europa in der B2C-Plattformökonomie bereits abgefahren – und appellieren, nicht auch die B2B-Perspektive ungenutzt vorbeiziehen zu lassen. Welche Chancen gibt es?

Das BDI-Handbuch unterteilt digitale B2B-Plattformen in fünf Kategorien: 

1. Internet-of-Things-Plattformen (IoT): Sie vernetzen Produktionsprozesse, Maschinen, Anlagen oder Produkte im Internet der Dinge. Ziel ist, dass diese vernetzten "Dinge" und Prozesse automatisiert miteinander kommunizieren. 

2. Daten(transaktions-)plattformen: Sie laufen entkoppelt von Produktionsprozessen oder Produkten. Stattdessen analysieren sie unternehmensrelevante Daten (z. B. Produkteigenschaften und Produktionsdaten) und tauschen diese aus.

3. B2B-Marktplätze, Retail- und Fertigungsplattformen: Auf ihnen können Unternehmen online Geschäftstransaktionen durchführen.

4. Supply-Chain-/Logistikplattformen: Sie verbinden zum Beispiel Speditionen mit versendenden bzw. empfangenden Unternehmen.

5. Vernetzungsplattformen: Sie ermöglichen es unterschiedlichen Unternehmen, in einer einheitlichen digitalen Umgebung zeit- und ortsunabhängig zusammenzuarbeiten.

B2B-Plattformökonomie: Das bietet Teil 2

Soweit ein Einstieg in die Welt der digitalen Plattformen. Der zweite Teil von "Plattformökonomie: B2B-Marktplätze als Deutschlands Chance?" blickt auf die Eigenschaften deutscher B2B-Plattformen.

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