Marketing-Automation: Wenn die Public Cloud zum Alptraum wird [1]
Software-as-a-Service bedeutet, Programme sofort online nutzen zu können, statt sie aufwendig installieren und administrieren zu müssen. Die Vorteile: skalierbare Kosten, eine schnelle Implementierung und null Wartungsaufwand. An sich eine feine Sache, es gibt aber böse Stolperfallen – unter anderem beim Einsatz von Marketing-Automation-Lösungen aus der Public Cloud.
(Wolken / Pixabay-Lizenz) |
Vor einigen Jahren, in meinem damaligen Job, unterhielt ich mich mit einem Kollegen über das Thema Cloud-Computing. Werner leitete die IT-Operations-Sparte unseres Arbeitgebers – und er war gefürchtet: Binnen Sekunden konnte er regelrecht explodieren. Man zog buchstäblich den Kopf ein, wenn seine Ausbrüche Druckwellen nach allen Seiten abfeuerten.
Aber: Seine Detonationen waren nie personenbezogen. Er schrie keine Menschen an, sondern Zustände. Und: Ich mochte ihn, weil er bei allem, was er tat und sagte, stets zu 100 Prozent authentisch war. Echt bis auf die Knochen. Und das ist in der Business-Welt weiß Gott keine Selbstverständlichkeit.
Wir unterhielten uns also über das Cloud-Computing, über die sogenannten Hyperscaler: Damit gemeint sind vorrangig US-IT-Firmen, die dank riesiger Ressourcen interessierten Unternehmen IT-Services ortsunabhängig online verfügbar machen. Man spricht von:
- Infrastructure-as-a-Service (IaaS)
- Platform-as-a-Service (Paas)
- Software-as-a-Service (Saas)
Während ich mich mit Werner unterhielt, schwärmte ich vom Cloud-Computing,
davon, IT-Services online nutzen zu können, jederzeit und überall.
Werner hatte bereits damals jahrzehntelange Erfahrung im Bereich IT-Betrieb, hatte dutzende
Unternehmen beraten zu Servern, Rechenzentren und IT-Infrastrukturen. Und er war
sehr erfolgreich, seine Unit war die mit Abstand profitabelste in unserem Geschäftsbereich. Seine Kunden blieben ihm überdurchschnittlich lange treu. Ich bin überzeugt davon, dass neben seiner fachlichen Expertise auch seine Authentizität und Bodenständigkeit dazu beigetragen hatten.
Irgendwann während unseres Gesprächs schaute er mich eindringlich an und sagte mit ernster, fast schon prophetischer Miene: "Mathias, viele mittelständische
Unternehmen werden in der Public Cloud ganz böse stolpern!"
Was er damit meinte? Erkläre ich gleich. Vorab erstmal ein bisschen Begriffsklärung:
IT-Betriebsmodelle kurz erklärt
1. Was bedeutet On-Premises? "on-premises" ist Englisch und bedeutet "an Ort und Stelle", "auf dem Grundstück" oder "vor Ort". Dieses IT-Betriebs-Setup liegt vor, wenn ein Unternehmen seine IT-Infrastruktur selbst verwaltet: im eigenen Rechenzentrum und auf eigenen Servern. Die Mitarbeiter können physisch auf die IT-Infrastruktur zugreifen. Der gesamte entstehende Datenverkehr bleibt in der Obhut des Unternehmens.
Nachteile: Das Unternehmen braucht die benötigte Infrastruktur (Rechenzentrum, Server) sowie die benötigten Inhouse-Fachkräfte für Administration und Wartung.
Auch bei On-Premises-Lösungen ist ein Online-Zugriff möglich, dies jedoch nur innerhalb des Unternehmens-Netzwerkes.
2. Was ist die Public Cloud? Das Public-Cloud-Betriebsmodell liegt vor, wenn ein Unternehmen online und ortsunabhängig IT-Services aufrufen kann, die es gemietet hat ("as a service"). Diese IT-Services werden von einem externen Anbieter in dessen Rechenzentren gehostet und gewartet.
"Public" bedeutet in diesem Kontext: Die IT-Services sind über das World Wide Web passwortgeschützt aufrufbar und die beim externen Anbieter bereitgestellten Server werden von vielen Kundenunternehmen gemeinsam genutzt. Kein Kundenunternehmen hat seinen "eigenen" Server, sondern teilt sich die Ressourcen mit vielen anderen Anwendern.
Das Public-Cloud-Modell ist für kleine und mittelständische Unternehmen aus folgenden Gründen attraktiv:
- geringe und skalierbare Kosten (verglichen mit dem Aufbau und der Wartung eigener Rechenzentren),
- IT-Services "auf Knopfdruck",
- kein benötigtes Inhouse-Operations-Knowhow,
- automatisierte Wartung und Updates.
Die Risiken (welche mein Ex-Kollege Werner in unserem Gespräch mit "stolpern" andeutete, siehe oben):
➤ Als Public-Cloud-Kunde kann ein Unternehmen nicht auf die Server zugreifen, auf denen zum Beispiel die von ihm gemietete Software liegt.
➤ Es können DSGVO-Konflikte entstehen, wenn die Server des externen Public-Cloud-Anbieters nicht auf EU-Boden stehen.
➤ Das Unternehmen muss einkalkulieren, keinen direkten (!) Operations(!)-Ansprechpartner auf der Anbieterseite zu haben. Ich rede hier nicht von Kundenservices oder zwischengeschalteten Dienstleistern, sondern von den Personen, die (bildhaft gesprochen) nach einem Anruf aufstehen und zum betroffenen Server laufen können.
Wie diese Nachteile einem Anwenderunternehmen um die Ohren fliegen können, schildere ich in Teil 2 dieses Beitrages am Beispiel einer Marketing-Automation-Software-Lösung aus der Public Cloud.
3. Was ist die Private Cloud? Wie bei der Public Cloud greifen Unternehmen beim Private-Cloud-Computing online auf IT-Services zu, die von einem externen Anbieter in dessen Rechenzentren gehostet und gewartet werden. Alternativ kann der IT-Service des externen Anbieters auch im unternehmenseigenen Rechenzentrum gehostet werden.
Der Unterschied zur Public Cloud: Das Unternehmen teilt sich die bereitgestellten Ressourcen nicht mit anderen Anwendern, sondern nutzt sie exklusiv. Der Fachbegriff lautet "dediziert" (im Sinne von "speziell für eine bestimmte Aufgabenstellung geschaffen", bitte nicht verwechseln mit "dezidiert", letzteres bedeutet "entschieden, kurz entschlossen, bestimmt").
Nachteil: Die Private Cloud ist teurer als die Public Cloud. Vorteil: Die
Private Cloud ist sicherer und das Anwenderunternehmen hat einen direkten Zugriff auf die genutzten Server.
Eine Reise in die Public-Cloud-Hölle
Im zweiten Teil dieses Beitrages schildere ich euch, welche Stolperfallen eine Public-Cloud-Software im Bereich Marketing-Automation mit sich bringen kann.
Bis dann!
Link-Tpps:
- Marketing-Automation: Die Chancen – die Tools – die Risiken
- Cloud-Computing: So nutzen Unternehmen 2018 die Rechnerwolke
- Amazon Web Services: Jeff Bezos' profitables Cloud-Geschäft
- Predictive Analytics im B2B-Marketing: Ich weiß, was du nächsten Sommer kaufen wirst
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