Nachrichten-Konsum 2023: So informieren sich Menschen (nicht)

Der Digital News Report 2023 des Reuters Institute for the Study of Journalism untersucht die globale Medien-Nutzung und zeigt: Menschen erachten fundierte und ausgewogene Informationen als wichtig, ermüden aber angesichts einer permanenten Nachrichtenflut. Einige spannende Ergebnisse des 160-seitigen Reports habe ich für euch zusammengefasst.


KI-erstelltes Symbolbild Online-News
Dieses News-Symbolbild erstellte das KI-Tool "Stable Diffusion".


Wer steht hinter der Studie zum Thema News-Konsum?

Das Reuters Institute for the Study of Journalism ist eine Einrichtung der Universität Oxford und forscht weltweit zu den Themen Journalismus und Nachrichtenmedien. Finanziert wird es von der Thomson Reuters Foundation, welche dem gleichnamigen Medienkonzern gehört.

Für die Studie "Digital News Report 2023" wurden 46 Nachrichten-Märkte untersucht.

Sponsoren der Studie sind unter anderem Google, die BBC (British Broadcasting Corporation, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt des Vereinigten Königreichs) sowie das Leibniz-Institut für Medienforschung (Hamburg). 

Ziel der Untersuchung: Sie will aufzeigen, wie Menschen in verschiedenen Ländern Nachrichten konsumieren. Die dazu ausgewerteten Online-Befragungen führte das britische Meinungsforschungs-Institut YouGov im Januar und Februar 2023 durch. 

Einige Kernergebnisse der News-Studie auf einen Blick:

Social Media als News-Quelle

Auch wenn Facebook eines der weltweit meistgenutzten sozialen Netzwerke ist, verliert es laut der Studie an Einfluss auf den Journalismus.  

Plattformen wie YouTube oder TikTok dagegen werden als News-Quellen wichtiger.

Bezogen auf News beachten jüngere Nutzer diverse Influencer auf Plattformen wie TikTok, Instagram und Snapchat stärker als das, was professionelle Nachrichtenmedien dort veröffentlichen. Auf Facebook und Twitter dagegen sind klassische News-Medien und Journalisten präsenter.

Nachrichten & Medien: Das Vertrauen schwindet

Über alle befragten Länder hinweg sank das Vertrauen in Nachrichten um zwei Prozent auf 40 %.

Hohe Vertrauenswerte erreichten Nachrichten in Finnland (69 %) und Portugal (58 %). Schlusslicht ist Griechenland (19 %).

Die Gruppe der Nachrichten-Verweigerer

Über alle Märkte hinweg gaben 36 % der Befragten an, manchmal bis oft Nachrichten bewusst zu ignorieren.

Diese Personen gaben zudem an, stärker an positivem oder lösungsorientiertem Journalismus interessiert zu sein, weniger an "Big Storys".

Warum vermeiden es Menschen, News wahrzunehmen? Die Studie nennt unter anderem als Gründe die immer gleichen News-Inhalte sowie die emotionale Belastung durch negative Nachrichten. Manche Befragten gaben auch an, auf diesem Weg Standpunkte ausblenden zu wollen, die von ihren eigenen abweichen.

Paywalls: Zahlbereitschaft für Online-News gering

Geldmangel und verfügbare kostenlose News-Inhalte lassen viele der Befragten davon absehen, für Online-Nachrichten zu bezahlen.

Unter den 20 reicheren Ländern gaben 17 % der befragten Personen an, für Online-News zu zahlen. Spitzenreiter ist Norwegen (39 %), Schlusslichter sind Japan und UK (jeweils 9 %).

In den USA, Deutschland und UK sagten 50 % derer, die nicht für Online-News zahlten, dass sie dies auch niemals tun werden.

Vor allem jüngere Befragte gaben an, sich nicht durch einzelne Abonnements einengen lassen zu wollen. Sie wären offener für kostenpflichtige Online-News-Inhalte, wenn es einen zentralen Zugriff auf mehrere News-Quellen zu einem fairen Preis gäbe.

Nachrichten-Rezeption: Text schlägt Audio und Video 

Die Mehrheit der international befragten Nutzer gab an, News am liebsten in Text-Form zu rezipieren (57 %). Video (30 %) und Audio (13 %) rangieren dahinter.

Das Lesen von News-Texten wird (verglichen mit Video- und Audio-Inhalten) als einfacher, steuerbarer und schneller wahrgenommen.

News-Podcast-Formate verharren weltweit in einer Nische. Die höchsten Nutzungswerte erreichen die USA (19 %), in Frankreich und UK dagegen sind diese nur einstellig (9 bzw. 8 %). 

Erfolgreiche Podcast-Formate seien "The Daily" (New York Times) und "tagesschau in 100 Sekunden" (ARD).

Nachrichten-Nutzung der jungen Generation

Laut der Studie steuern jüngere Nutzer seltener News-Webseiten direkt an. Stattdessen informieren sie sich über das, was in ihrem Social-Media-Feed erscheint.

Bei den Unter-25-Jährigen ist Facebook schon länger nicht mehr relevant. Diese junge Nutzerschaft fokussiert die Plattformen Instagram, Snapchat und TikTok. 

Viele junge Nutzer fühlen sich laut der Studie überwältigt von der Negativität der News, die in ihren Social-Media-Feeds erscheinen. Auch weiß die junge Generation, dass diese News algorithmisch gefiltert werden, und erkennen die damit einhergehende Gefahr einer eindimensionalen Informations-Filterblase.

65 % der Unter-35-Jährigen und 55 % derer Über-35-Jährigen versuchen die algorithmische Auswahl ihrer News zu beeinflussen, indem sie anderen Seiten/Usern folgen bzw. manchen entfolgen, diese stummschalten oder blockieren.

Über alle Altersgruppen und Länder hinweg ist es den meisten befragten Personen wichtig, ihren Online-News-Feed verlässlicher, weniger toxisch und vielfältiger zu gestalten.

Kommentieren, liken, teilen: Interaktion mit Online-News rückläufig

Über alle Märkte hinweg betrachtet gaben 22 % der Befragten an, aktiv mit Online-News-Inhalten zu interagieren (kommentieren). 31 % lesen passiv, teilen und liken. 47 % interagieren überhaupt nicht mit Online-News.

Laut der Studie verschiebt sich die Interaktion mit Online-News zusehends in geschlossene Messenger-Netzwerke wie WhatsApp, Signal oder Telegram.

Die öffentlichen Kommentarbereiche unter Online-News dagegen werden mehrheitlich wahrgenommen als (Zitat) "Höllenlandschaften aus toxischen und unhöflichen Inhalten".

Junge Befragte (18-24 Jahre) in Portugal, Deutschland, Frankreich und Brasilien gaben besonders oft an, negative Erfahrungen mit Online-News zu machen.

Nachrichten-Konsum: Studienergebnisse für Deutschland

Die Studie betont, dass in Deutschland folgende Aspekte der Nachrichten-Nutzung rückläufig seien:

  • Interesse an News
  • Häufigkeit des Nachrichten-Konsums
  • Vertrauen in News

Die News-Branche in Deutschland hat demnach zu kämpfen: Print-Auflagen sinken, Titel werden eingestellt und Mitarbeiter entlassen.

Das News-Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ARD, ZDF, Dritte) wird am häufigsten genutzt, dies jedoch bei sinkenden Nutzungszahlen (vor allem bei jüngeren Nutzern).

11 % der befragten deutschen Studienteilnehmer gaben an, für Online-News-Inhalte ("Paywall-Artikel") zu bezahlen. Die dabei meistgenannten Publikationen waren Bild, Der Spiegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und Süddeutsche Zeitung (SZ). 

Wöchentliche Reichweite von Offline-News-Medien (TV, Radio, Print) in Deutschland:

  • ARD (Tagesschau, Tagesthemen): 44 %
  • ZDF (heute journal): 37 %
  • RTL News: 28 %
  • Lokalzeitungen: 19 %
  • ntv: 17 %


Wöchentliche Reichweite von Online-News-Medien in Deutschland:

  • t-online: 16 %
  • ARD Online (tagesschau.de): 14 %
  • ntv.de: 13 %
  • web.de: 12 %
  • bild.de: 12 %


Die Vertrauenswerte gegenüber News-Quellen sanken in Deutschland von 60 % (2015) auf 43 % (2023). Am vertrauenswürdigsten eingestuft werden:

  • ARD Tagesschau (62 %)
  • ZDF heute (60 %)
  • Regional-/Lokalzeitungen (59 %)
  • ntv (55 %)

Quo vadis, News-Branche?

Soweit einige Zahlen des spannenden "Digital News Report 2023".

Demokratie braucht eine pluralistische Meinungsbildung. Das setzt vertrauenswürdige und ausgewogene News-Quellen voraus – aber auch die Bereitschaft des/der Einzelnen, sich fundiert und ausgewogen aus vertrauenswürdigen Quellen zu informieren.

Deshalb meine Online-Empfehlung: Statt darauf zu warten, was einem ein Algorithmus in den Feed spült, besser proaktiv die Online-Auftritte verschiedener vertrauenswürdige News-Quellen regelmäßig und parallel direkt ansteuern. 

Quelle:

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