Nachgehakt: Wie innovativ sind deutsche Unternehmen 2019?

In einer aktuellen Studie befragte die Bertelsmann Stiftung rund 1.000 deutsche Unternehmen aus dem Industrie-Dienstleistungsverbund zu ihrem Innovationserfolg. Die Kern-Ergebnisse auf einen Blick.

Studie 2019: Wie innovativ sind deutsche Unternehmen?
(Idee / Pixabay-Lizenz)

Wir nutzen die Begriffe "Innovation" und "innovativ" leider derart inflationär, dass sie mitunter zu leeren Worthülsen verkommen sind. Deshalb vorab eine wirtschaftliche Definition:

Eine Innovation liegt vor, wenn sich eine Erfindung (Invention) als Produkt, Service oder Geschäftsmodell in der wirtschaftlichen Praxis bewährt hat. Erst der Nachweis der Nützlichkeit macht eine Invention zur Innovation.

Innovations-Studie: Wer sind die Macher? 

Hinter der Analyse "Innovative Milieus – Die Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen" steht die 1977 gegründete Bertelsmann Stiftung. Sie ist eine selbstständige Stiftung des privaten Rechts mit Sitz im nordrhein-westfälischen Gütersloh.

Studien der Stiftung werden häufig zitiert, jedoch wird ihr Einfluss auf Politik und Gesellschaft mitunter kritisiert (nachzulesen auf Wikipedia).

Das Studien-Design

Die Bertelsmann Stiftung interviewte 2019 rund 870 kleine und mittelständische Unternehmen (bis 50 Millionen Euro Umsatz) sowie rund 125 größere Unternehmen. Der sogenannte Industrie-Dienstleistungsverbund umfasst Unternehmen, welche direkt oder indirekt im internationalen Wettbewerb stehen und folgenden Branchen entstammen:
  • verarbeitendes Gewerbe
  • Versorgung
  • Bau
  • Logistik
  • unternehmensnahe Dienstleistungen
Die Bertelsmann-Studie identifiziert sieben Innovationsmilieus:

Die 7 Innovationsmilieus der deutschen Wirtschaft

1. Technologieführer: Diese Unternehmen verschieben die technologische Grenze stetig nach außen und bilden die Spitze der deutschen Innovationslandschaft. Sie sind sehr innovationskompetent und vernetzen sich intensiv nach innen und außen.

2. disruptive Innovatoren: Sie sind offen für Neues, zeigen sich risikobereit und starten radikale Innovationsprojekte. Sie binden und motivieren intensiv ihre Mitarbeiter, das Unternehmen ist ganzheitlich auf Innovation ausgerichtet.

3. konservative Innovatoren: Sie investieren viel in Forschung & Entwicklung, sind strukturell und organisatorisch jedoch weniger innovativ.

4. kooperative Innovatoren: Sie sind sehr mitarbeiterorientiert und intern gut vernetzt. Innovationen sind gut organisiert und strukturiert, sie entstehen durch ein interdisziplinäres Miteinander. Schwach ausgeprägt sind dagegen Forschung & Entwicklung sowie die Vernetzung mit der Wissenschaft.

5. zufällige Innovatoren: Diese Unternehmen sind in Sachen Innovation eher unstrukturiert. Sie sind offen für neue Technologien, was ihnen "glückliche Innovations-Zufallstreffer" beschert.

6. passive Umsetzer: Diese Unternehmen sind gut vernetzt mit ihren Kunden und nutzen deren Vorschläge, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu verbessern. Es fehlen jedoch Innovationskompetenz und -strategie.

7. Unternehmen ohne Innovationsfokus: Sie sind in Sachen Innovation faktisch erfolglos bzw. tatenlos. Entweder, weil Innovationen für sie nicht wettbewerbsrelevant sind, oder weil sie diese prinzipiell als irrelevant erachten.

Wie innovativ sind deutsche Unternehmen?

Im Bereich hochkomplexer Produktionsverfahren (Maschinen- und Anlagenbau, Elektro- und Automobilindustrie) ist Deutschland äußerst wettbewerbsfähig. Das wiederum bescherte dem Land ein sehr hohes Wohlstands-Niveau. Doch im Zeitalter der Digitalisierung ändern sich die Marktregeln rapide: Innovationszyklen laufen immer schneller ab, Kundenanforderungen wandeln sich, permanent tauchen neue Mitbewerber auf.

Die Studie besagt: Deutschland verliert aktuell den Anschluss bei Zukunftstechnologien wie der Künstlichen Intelligenz, dem Internet der Dinge, der fünften Generation des Mobilfunks (5G) oder dem autonomen Fahren. Innovationen seien gefragt, um auch künftig global wettbewerbsfähig zu bleiben.

Nur rund sechs Prozent der deutschen Unternehmen aus Industrie und industrienahen Dienstleistungen sind laut der Analyse dem Milieu der Technologieführer zuzuordnen – und nur 19 Prozent gehören dem Milieu der disruptiven Innovatoren an.

Somit besäße nur ein Viertel der deutschen Unternehmen aus Industrie und industrienahen Dienstleistungen disruptives Potenzial: Damit falle Deutschland trotz guter Produkt- und Prozess-Innovationen hinter Ländern wie Japan, Südkorea, den USA und China zurück.

Droht Deutschland der wirtschaftliche Abstieg?

Ein Blick auf den globalen B2C-Bereich zeigt: US-amerikanische und chinesische Plattform-Riesen wie Amazon, Google, Facebook oder Alibaba scheinen für deutsche und europäische Unternehmen uneinholbar geworden zu sein. Wo Experten nach wie vor eine Chance sehen, ist der Geschäftskunden-Bereich (B2B) – jedoch schlafen auch hier die USA, China und andere Länder natürlich nicht.

Was Deutschland bislang äußerst schlafmützig verfolgt hat, ist die Devise "Act before you have to": Die Disruptionsforschung zeigt, dass plötzlich auftauchende "schöpferische Zerstörer" längere Zeit unbemerkt koexistieren, bis ihr Angebot das Geschäftsmodell der etablierten Unternehmen implodieren lässt. Folglich sollten die Etablierten in Sachen Innovation und Disruption handeln, auch wenn ein akuter Zwang dazu noch nicht besteht.

Lasst es mich wissen: Als wie innovativ schätzt ihr die deutsche Wirtschaft ein?

Quelle & Link-Tipps:

Kommentare

TTO hat gesagt…
Interessante Fakten, die toll zusammengefasst wurden.

Vielen Dank für Eure Mühen!

Hier bloggt Mathias Sauermann:

NEWSLETTER:

Erhalte die besten Beiträge meines Blogs >gratis und freibleibend!

Vernetze dich mit mir auf LinkedIn Xing FacebookInstagram.

Weitere spannende Beiträge dieses Blogs findest du in den Rubriken:
Online-Marketing-Tipps
Digitalisierung

Meinung!
Onliner-Allerlei


Titelbild: Digital Art unter CC0 1.0