ERP-Lösungen 2020: Microsoft top – SAP ein Flop?

ERP steht für "Enterprise Resource Planning". Entsprechende Software-Tools steuern und verwalten Unternehmens-Ressourcen unter anderem in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Vertrieb sowie Personal- und Finanzwesen. Ein ERP-System auszuwählen und zu implementieren, gilt als IT-Großprojekt – und potenzielles Geldgrab. Eine aktuelle Studie befragte Unternehmen in Nordamerika, wie sie die bei ihnen eingesetzten ERP-Tools und deren Anbieter einschätzen.


ERP-Software: Ranking 2020
(Monitor / Pixabay-Lizenz)

Der ERP-Markt ist hart umkämpft: Unternehmen stehen vor einer riesigen Auswahl und müssen dabei mehr denn je zukunftsorientiert denken. 

➔ Unterstützt das ERP-System die digitale Transformation auf Prozess-, Produkt-, Service- und Geschäftsmodell-Ebene? 

➔ Ist es eine abgeschlossene, monolithische Lösung oder ist sie problemlos erweiter- und andockbar (Interoperabilität & Kompatibilität)? 

➔ Ist der Anbieter auch in zehn Jahren noch am Markt und damit ein langfristiger Support gewährleistet?

Die IT-Marktforscher der Info-Tech Research Group (USA) befragten für ihre Analyse "Data Quadrant Report: Enterprise Resource Planning April 2020" rund 1100 nordamerikanische ERP-Kunden bezogen auf 22 internationale ERP-Anbieter und deren Lösungen.  

ERP-Studie: Was wurde untersucht?

Die Analysten interviewten die Studienteilnehmer sowohl zu ihren Erfahrungen mit der jeweiligen Software-Lösung als auch zu deren Verhältnis zum Anbieter.

Produkt-Features & Zufriedenheit: Wie wahrscheinlich ist es, dass das Anwender-Unternehmen die ERP-Lösung weiterempfehlen würde? Und wie zufrieden sind die Anwender mit den wichtigsten Produkt-Features?

Erfahrungen mit dem Anbieter und seinen Fähigkeiten: Wie gut oder schlecht waren bzw. sind Software-Implementierung, Schulungen und Kundenservice? Und: Als wie vertrauenswürdig, respektvoll und fair empfanden die Anwender-Unternehmen den Anbieter?

ERP-Befragung 2020: Die Top 3 (und ein deutscher Anbieter)

Diese Software-Lösung adressiert mittelgroße bis große Unternehmen. Sie entstand 2017, als Microsoft seine ERP-Lösung Dynamics AX umbenannte. 

Das sagen die befragten nordamerikanischen Anwender-Unternehmen zu Microsoft Dynamics 365 for Finance (and Operations) (April 2020):
  • Gesamtergebnis: 8.2 von 10
  • Net Emotional Footprint (= wie positiv sind die Anwender dem Produkt gegenüber eingestellt?): 79 von 100
  • Anbieter-Fähigkeiten: 82 %
  • Produkt-Features: 81 %
  • Weiterempfehlungs-Wahrscheinlichkeit: 84 %

Die ERP-Lösung des US-Anbieters Oracle wurde 2012 eingeführt. Das Unternehmen rangierte 2019 in der Liste der weltweit umsatzstärksten Software-Unternehmen auf Platz 2 (hinter Microsoft und vor SAP). 

Das sagen die befragten nordamerikanischen Anwender-Unternehmen zur Oracle ERP Cloud (April 2020):
  • Gesamtergebnis: 8.1 von 10
  • Net Emotional Footprint: 86 von 100
  • Anbieter-Fähigkeiten: 79 %
  • Produkt-Features: 80 %
  • Weiterempfehlungs-Wahrscheinlichkeit: 79 %

Platz 3: Unit4 ERP
Unit4 ist ein Software-Unternehmen mit Hauptsitz in den Niederlanden. Zu den ERP-Kunden gehören unter anderem Universitäten, Stadtverwaltungen und Non-Profit-Organisationen.

Das sagen die befragten nordamerikanischen Anwender-Unternehmen zum Unit4 ERP (April 2020):
  • Gesamtergebnis: 8.0 von 10
  • Net Emotional Footprint: 84 von 100
  • Anbieter-Fähigkeit: 78 %
  • Produkt-Features: 78 %
  • Weiterempfehlungs-Wahrscheinlichkeit: 79 %

Auf den Plätzen 4 bis 10 folgen Oracle Netsuite (USA, der Anbieter Netsuite wurde 2016 von Oracle übernommen), Acumatica Cloud ERP (USA), FinancialForce ERP (USA), Ramco ERP Suite (Indien), Sage X3 (Großbritannien), Oracle PeopleSoft (USA, der Anbieter PeopleSoft wurde 2005 von Oracle übernommen) und Workday Financial Management (USA).

Ein namhafter deutscher Anbieter landet auf einem hinteren Platz:

Platz 16: SAP S/4HANA
Die SAP SE mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf ist 2020 das umsatzstärkste europäische Software-Unternehmen. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 150 Milliarden Euro ist es zudem das wertvollste deutsche Unternehmen (verglichen mit den US-Plattform-Riesen aber ein Leichtgewicht). SAP ist der aktuell global einzig relevante deutsche Vertreter der Plattform-Ökonomie.

Im Bereich weltweite ERP-Marktanteile gilt SAP als führend – vor Oracle, Microsoft und Infor. SAP S/4HANA (S = simple, 4 = vierte Produktgeneration, HANA = genutzte Datenbanktechnologie) ist der Nachfolger des bisherigen Kernprodukts SAP R/3.

Das sagen die befragten nordamerikanischen Anwender-Unternehmen zu SAP S/4HANA (April 2020):
  • Gesamtergebnis: 6.9 von 10
  • Net Emotional Footprint: 52 von 100
  • Anbieter-Fähigkeiten: 71 %
  • Produkt-Features: 73 %
  • Weiterempfehlungs-Wahrscheinlichkeit: 81 % 
Die hohe Weiterempfehlungs-Quote überrascht angesichts der eher mittelmäßigen Bewertungen. Auf meine Nachfrage erklärten die Studienmacher: Die Komplexität der SAP S/4HANA Lösung mache die Implementierung für viele Anwender-Unternehmen zu einem zeitraubenden Unterfangen. Die IT-Teams könnten deshalb nicht so schnell das liefern, was von Vertriebsseite den Business-Teams versprochen wurde. Nach gelungener Implementierung bessere sich das Erleben der SAP-Lösung jedoch.

ERP: Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Wie wettbewerbsfähig ein Unternehmen künftig sein wird, hängt maßgeblich davon ab, wie gut es ihm gelingt, aus Daten Mehrwert zu schöpfen. Ein leistungsstarkes Business-Software-Setting bildet dafür die technologische Basis.

Der ERP-Markt bewegt sich: Statt monolithische Einzellösungen zu zimmern, entstehen Software-Ökosysteme, die modulartig aufgebaut sind. Etwas, das sich sehr gut bei Microsofts Dynamics-Produktpolitik beobachten lässt: Silo-Begriffe wie ERP, CRM (Customer Relationship Management) und BI (Business Intelligence) verschwimmen zugunsten einer zentralen Data-Analytics-Lösung.

Jenseits aller technischen Fragen steht und fällt ein ERP-Projekt allerdings mit dem Projektmanagement und den beteiligten Personen. Somit ist die Auswahl des passenden Dienstleisters mindestens genauso wichtig wie die der eigentlichen Software-Lösung.

Was passieren kann, wenn das nicht funktioniert, zeigt der Mega-ERP-Fail eines großen deutschen Discounter-Unternehmens: Dem gelang es, satte 500 Millionen Euro in einem ERP-Projekt zu verbrennen. Will ja keiner wirklich, oder?

Viel Erfolg bei eurem ERP-Projekt!

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