Fachkräftemangel: Wie gelingt ein erfolgreiches Recruiting?

Experten sprechen aktuell von einem Arbeitnehmermarkt: Nicht die Fachkraft muss sich beim Unternehmen bewerben, sondern das Unternehmen bei der Fachkraft. Wie ein erfolgreiches Recruiting angesichts dieses Rollentauschs gelingen kann, beleuchtet ein Whitepaper.

Wer ist der Verfasser des Whitepapers?

Die Xing kununu Prescreen GmbH ist ein Tochterunternehmen der B2B-Plattform und vertreibt eine Bewerbermanagement-Softwarelösung. 

2022 brachte Prescreen ein Whitepaper mit dem Titel "Digitalisierung im Recruiting" heraus. Einige spannende Insights habe ich für euch zusammengefasst.

Zunächst aber einige Basics zum Thema Fachkräftemangel:

Warum gibt es einen Fachkräftemangel?

Vier Gründe seien genannt:

1. Demografischer Wandel: EU-weit betrachtet ist die Geburtenrate in Deutschland unterdurchschnittlich, gleichzeitig werden die Menschen immer älter. Prognostizierte Folge: Im Jahr 2060 wird jeder dritte Deutsche mindestens 65 Jahre alt sein. Der inländische Fachkräfte-Nachwuchs wird zusehends schwinden.

2. Renten-Eintrittsalter: Viele Menschen scheiden deutlich vor 65 aus dem Arbeitsleben aus.

3. Veränderte Job-Skills: Es entstehen stetig neue Jobs, die hohe fachliche Anforderungen mit sich bringen.

4. Immer weniger Azubis, immer mehr Studis: Unter dieser Entwicklung leiden vor allem die Elektro- und die Metall-Industrie.

Wo ist der Fachkräftemangel am deutlichsten spürbar?

Das Bundeswirtschaftsministerium nennt drei Bereiche, in denen der "War for Talents" am heftigsten tobt:

1. Akademische Berufsgruppen: 

  • Medizin
  • Ingenieurwesen (Maschinen- und Fahrzeugbau)
  • Elektrotechnik
  • IT und Software-Entwicklung

2. Handwerk: 

  • Elektroinstallation und -montage
  • Zerspanungstechnik
  • Kunststoffverarbeitung
  • Rohrleitungsbau
  • Schweißtechnik
  • Maschinenbau

3. Pflege: 

  • Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege

Egal, ob akademische, handwerkliche oder pflegerische Fachkräfte benötigt werden, betroffene Unternehmen sollten aus HR-Sicht zunächst über ihren Ist- und ihren Soll-Zustand nachdenken:

Das Recruiting braucht ein Kennzahlen-System

Auch im HR-Bereich gilt: Man kann nur das verbessern, was messbar ist. Recruiter sind gefordert, regelmäßig kennzahlenbasiert zu überwachen, wie ihr Bewerber-Management verläuft und wo es optimiert werden kann. 

Das Prescreen-Whitepaper empfiehlt drei Schritte:

1. Ist-Zustand ermitteln: Was läuft im derzeitigen Recruiting gut, was schlecht? Je präziser dies quantifiziert und qualifiziert wird, desto leichter können die HR-Aktivitäten optimiert werden.

2. Soll-Zustand definieren – gesetzte HR-Ziele sollten immer anhand der SMART-Formel geprüft werden:

  • Specific: Sind die Ziele genau definiert?
  • Measurable: Sind die Ziele messbar?
  • Achievable: Sind die Ziele erreichbar?
  • Relevant: Sind die Ziele bedeutsam?
  • Time-bound: Ist das Erreichen der Ziele zeitlich abgesteckt?

3. Aus diesen Zielen können folgende Kennzahlen abgeleitet werden:

Time-to-Hire: Wie lange dauert es, eine Person einzustellen? Laut Whitepaper beträgt der aus Bewerbersicht ideale Time-to-hire-Wert maximal 21 Tage (vom Absenden der Bewerbung bis zur Entscheidung).

Time-to-Reply: Wie lange dauert es, bis Kandidaten eine erste Rückmeldung vom Unternehmen erhalten? Obergrenze hier: maximal sieben Tage.

Channel Effectiveness: Wie wirksam sind einzelne Recruiting-Kanäle?

Hire Rate: Wie viele Bewerbungen brachten wie viele Einstellungen? Diese Kennzahl prüft, ob die Recruiting-Maßnahmen die richtige Zielgruppe erreichen.

Churn Rate: Wie viele Bewerber brechen den Bewerbungsprozess von sich aus ab?

Recruiting: Was kann das Empfehlungs-Management?

Das Prinzip des Empfehlungs-Managements: Die eigenen Angestellten helfen, geeignete Talente zu finden, und erhalten dafür einen Bonus.

Die Vorteile dieses Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Systems laut Whitepaper:

➤ Empfohlene Kandidaten werden deutlich schneller eingestellt.

➤ Die Personalbeschaffungs-Kosten sinken um durchschnittlich 3000 Euro.


Checkliste Empfehlungs-Management:

➤ Angestellte sollten regelmäßig über offene Stellen informiert sein.

➤ Neue Mitarbeiter müssen das Empfehlungsprogramm kennen.

➤ Informationen über das Empfehlungsprogramm sollten jederzeit zugänglich sein (Intranet, Mitarbeiter-Newsletter).

Karrierebereich auf der Website: Das gehört rein

Zum Pflicht-Content auf den Karriere-Seiten einer Unternehmens-Website gehören:

Informationen zum Bewerbungsprozess: Mehr ist mehr, je transparenter über den Ablauf des Auswahlverfahrens informiert wird, desto besser.

Benefits: Ob betriebliche Altersvorsorge, Home-Office-Möglichkeit, flexible Arbeitszeiten oder kostenfreie Sportangebote – der Karrierebereich sollte offen kommunizieren, womit ein Unternehmen sich als Arbeitgeber von der Konkurrenz abhebt.

Arbeitgeber-Bewertungen (z. B. Kununu) sollten direkt auf den Karriere-Seiten integriert sein.

Persönliche Ansprechpartner: Je direkter der Draht, desto höher die Bewerbungsbereitschaft.

Mobile first: 9 von 10 Jobsuchenden wollen sich laut Prescreen direkt über ein mobiles Endgerät bewerben.

Karrierebereich auf der Website: Das gehört raus

Was Unternehmen auf den Karriere-Seiten ihrer Website vermeiden sollten:

Nichtssagende Floskeln: "innovativ", "Zukunft gestalten", "flache Hierarchien", "Work-Life-Balance" und ähnlich abstraktes Blabla überzeugt Bewerber nicht.

Stock-Fotos: Gephotoshopte Models, die mit Zahnpasta-Lächeln in die Kamera glotzen, wirken wie? Genau: unglaubwürdig.

Welche Online-Kanäle nutzen Bewerber am häufigsten?

Platz 1: Karriereportale, Internet-Jobbörsen (68,2 %)

Platz 2: Websites von Unternehmen (59,8 %)

Platz 3: Arbeitgeber-Bewertungen im Internet (43,7 %)

Platz 4: Social-Media-Kanäle (28,1 %)

Platz 5: Online-Angebot von Zeitungen/Zeitschriften (22,4 %)

Wie gelingt ein erfolgreiches Active Sourcing?

Beim Active Sourcing sprechen Unternehmen Fachkräfte direkt an, statt passiv auf Bewerbungen zu warten.

Die Social-Media-Welt ist für diesen Ansatz besonders relevant: Plattformen wie LinkedIn und Xing sind aus Recruiting-Sicht nichts anderes als riesige, öffentlich zugängliche Datenbanken mit aktuellen Informationen zu den dort als Mitglieder vertretenen Fachkräften. Quasi ein riesiger, sich selbst aktualisierender Kandidaten-Pool.

Bevor Recruiter jedoch mögliche Kandidaten ansprechen, müssen sie sich intensiv mit dem Skill-Set und dem Lebenslauf der Fachkraft beschäftigen. LinkedIn- und Xing-User berichten regelmäßig von peinlich-plumpen Massen-Anschreiben durch Recruiter, die von eklatantem Unwissen zeugen.

Fachkräfte-Recruiting: Sei echt und rede darüber

Soweit einige Insights aus dem Prescreen-Whitepaper.

Was für die Begegnung zwischen Menschen gilt, zählt auch, wenn Job-Kandidat und Unternehmen digital aufeinandertreffen: Menschen spüren schnell, ob ihnen fundierte Wahrheiten geschildert oder substanzloser Budenzauber verkauft wird.

Ein Unternehmen kann noch so bemüht sein, seine Bewerberkanäle und seinen Außenauftritt zu optimieren – wenn das, was dort versprochen und erzählt wird, nicht auch gelebt wird, merken das Job-Kandidaten sehr schnell. 

Ich wünsche euch viel Erfolg bei eurem Recruiting!

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