Social-Media-Marketing 2023: So (un)professionell nutzen Unternehmen soziale Netzwerke

Die beiden Software-Anbieter Meltwater und Hubspot beleuchten in ihrer Studie "Social Media Trends 2023", wie Unternehmen ihr Marketing in sozialen Netzwerken ausrichten. Einige Kernergebnisse der Ausgabe für den Wirtschaftsraum Europa-Arabien-Afrika (EMEA) habe ich für euch zusammengefasst. 


KI-erstelltes Symbolbild zum Thema Social Media
Dieses Bild erstellte das KI-Tool "Stable Diffusion".

Wen befragte die Studie zum Thema Social-Media-Marketing?

Es wurden mehr als 1.200 Social-Media-Marketer*innen in Europa, dem Nahen Osten und Afrika zu ihrer Strategie interviewt.

Die meisten befragten Unternehmen stammen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Fokussiert wurden mittelständische Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeiter*innen aus rund 20 Branchen (B2B & B2C).

Die interviewten Unternehmen gaben mehrheitlich an, hauptsächlich Facebook, Instagram, Youtube und Twitter für ihr Social-Media-Marketing zu nutzen. Die Bedeutung von Tiktok wird als stark steigend eingestuft.

Schauen wir uns einige Kernergebnisse der Studie an:

Social-Media-Marketing 2023: Was wollen Unternehmen erreichen? 

Folgende Social-Media-Ziele gaben die befragten Marketing-Abteilungen geordnet nach Wichtigkeit an:

  1. Markenbekanntheit steigern
  2. Erhöhte Interaktionsrate
  3. Ausbau der Followerschaft
  4. Steigerung des Website-Traffics
  5. Steigerung des Gesamtumsatzes
  6. Werbung für Produkte oder Dienstleistungen
  7. Vertiefung von Beziehungen / Erhöhung der Markentreue
  8. Lead-Generierung
  9. Verbesserung des Kundenservices und der Kundenbindung
  10. Gewinnen von Einblicken zur den Bedürfnissen der Kundschaft
  11. Verbesserung der Markenwahrnehmung
  12. Verbesserung des Kundenwissens über Produkte / Dienstleistungen
  13. Direktverkauf von Produkten auf Social-Media-Plattformen (z. B. Instagram-Shops)
  14. Etablierung einer Vordenkerrolle

Ein paar kritische Anmerkungen meinerseits:

Ad 1. "Markenbekanntheit steigern": Hierbei handelt es sich um eine totgedroschene Marketing-Phrase. Das Ziel als solches ist definitiv relevant, jedoch ist es oftmals kaum messbar …

… bezogen auf das Social-Media-Universum: Die Kennzahl "Impressions" (= wie oft ein Social-Media-Post gesehen wurde) ist hier wenig aussagekräftig. Zwar zeigt beispielsweise LinkedIn, aus welchen Branchen und von welchen Firmen diejenigen User stammen, die einen Post betrachteten. Aber daraus eine "signifikante Steigerung der Markenbekanntheit" zu schlussfolgern, wäre abenteuerlich.

Um wirklich fundierte Daten zum Thema Markenbekanntheit zu erheben, braucht es ein angedocktes Marktforschungs-Projekt, vor welchem mittelständische Unternehmen kostenbedingt zurückschrecken.

Inwieweit der Aspekt "Markenbekanntheit steigern" als Top-Ziel des Social-Media-Marketings taugt, möchte ich stark bezweifeln. Dasselbe gilt für die Punkte 11 "Verbesserung der Markenwahrnehmung" und 12 "Verbesserung des Kundenwissens über Produkte / Dienstleistungen".

Ad 3. "Ausbau der Followerschaft": Dieser Punkt ist ebenfalls ein Luftnummer-Messwert im Social-Media-Marketing, da reine Followerzahlen nicht aussagekräftig sind. Entscheidend ist nicht, wie viele Follower*innen ein Unternehmen hat, sondern wie viele seiner Follower*innen seiner tatsächlichen Zielgruppe entsprechen. Leider sehen sich viele Unternehmen immer noch in einem ausschließlich quantitativen Followerzahlen-Wettbewerb. 

Ein Beispiel, warum die Qualität der Follower*innen wichtiger ist als die Quantität:

Unternehmen A hat 1.000 Follower, von denen 85 % der Zielgruppe entsprechen. Ergibt ein zielgruppengerechtes Following von 850 User*innen.

Unternehmen B hat fünfmal so viele Follower (5.000), von denen aber nur 5 % der Zielgruppe entsprechen. Ergibt ein zielgruppengerechtes Following von 250 User*innen. 

Bedeutet: Unternehmen A ist trotz einer deutlich geringeren Followerzahl erfolgreicher mit seinem Social-Media-Marketing als Unternehmen B.

Ad 4. "Steigerung des Website-Traffics": Streicht dieses "Ziel" bitte ganz schnell aus euren strategischen Social-Media-Überlegungen. Organisches Social-Media-Marketing (≠ Werbeanzeigen) dient der Interaktion mit euren Zielgruppen auf der jeweiligen Plattform – es dient nicht der Weiterleitung auf eure Website.

Hinzu kommt: Alle sozialen Netzwerke sehen Links, die von ihrer Plattform wegführen, als algorithmischen Minuspunkt, wenn es um die Sichtbarkeit eurer organischen Posts geht. Grund: Ein soziales Netzwerk verdient Geld, wenn es als Werbeträger interessant ist. Das ist es nur dann, wenn die User auf der Plattform bleiben – und nicht via Link von der Plattform weggeführt werden.

Ich würde das obige Ranking der Ziele des Social-Media-Marketings folgendermaßen priorisieren:

  • Erhöhte Interaktionsrate (B2C & B2B)
  • Lead-Generierung (B2C & B2B)
  • Verbesserung des Kundenservices und der Kundenbindung (B2C & B2B)
  • Etablierung einer Vordenkerrolle (vorrangig B2B)

Ergänzen würde ich den Punkt "Aufbau / Erweiterung eines zielgruppengerechten Followings (B2C & B2B)".

Organisches Social-Media-Marketing (≠ Werbeanzeigen) muss immer und vorrangig den Dialog auf der jeweiligen Plattform anstreben. Eure härteste Kennzahl sollte immer die Engagement-Rate sein: 

Anzahl der Interaktionen / die Anzahl der Impressions x 100

Beispiel: Wenn euer Post 100-mal eingeblendet wurde und 10 Likes sowie 2 Kommentare brachte, ergibt das eine Engagement-Rate von 12 %.

Schauen wir uns weitere Ergebnisse der Social-Media-Marketing-Studie von Hubspot und Meltwater an:

Social-Media-Marketing: Fokus auf Verkäufe?

Die in der Studie befragten Unternehmen gehen mehrheitlich davon aus, dass der Direktverkauf über soziale Netzwerke zunehmen wird. 

Gleichzeitig berichten aber nur 43 %, dass sie bereits direkt über Social Media verkaufen.

Kundenservice via Social Media

Die Mehrheit der in der Studie befragten Social-Media-Marketer*innen erwartet, dass soziale Netzwerke als Kundenservice-Kanal zusehends wichtiger werden.

Aus eigener Erfahrung kann euer Blogger berichten, dass hier noch viel Luft nach oben ist: Teils bekommt man von angeschriebenen Unternehmen auf Facebook, Instagram oder Twitter überhaupt keine Antwort oder erst nach gefühlten Wochen – oder man wird mit dem Hinweis abgefertigt, doch bitte sein Anliegen an die info@-Mailadresse des Unternehmens zu schicken …

… eine positive und integrierte Customer-Journey/-Experience sieht anders aus.

Social-Media-Plattformen als Suchmaschinen

Die in der Studie befragten Unternehmen prognostizieren mehrheitlich, dass User*innen künftig öfter auf Social Media nach Marken suchen werden als über Suchmaschinen.

So würden rund 40 % der Generation Z (= zwischen 1997 und 2012 Geborene) Instagram und TikTok wie eine Suchmaschine nutzen.

Definitiv informieren sich Menschen über Unternehmen und Marken via Social Media. Entsprechend wichtig ist es, dass euer Unternehmen auf den Plattformen, die eure Zielgruppen nutzen, sichtbar sowie nahbar, kommunikativ und dialogorientiert auftritt.

Mikro- statt Mega-Influencer

Unternehmen haben erkannt, dass Mega-Influencer*innen mit extrem vielen Follower*innen hohe Streuverluste mit sich bringen und die Kooperation mit ihnen teuer ist. 

Mikro- bzw. Nano-Influencer dagegen haben keine Zillionen Follower*innen, dafür aber exakt diejenigen, welche der Zielgruppe des Unternehmens entsprechen. Das bedeutet geringere Streuverluste bei höherer Kosteneffizienz der Kampagne.

Kurzvideos als stärkstes Social-Media-Format

Kurzvideo-Formate sehen die meisten befragten Social-Media-Marketer*innen als stärkstes Content-Format in sozialen Netzwerken.

Tatsächlich werden Bild und Video bei der Social-Media-Nutzung am stärksten dem menschlichen Gehirn gerecht: Wir scrollen flüchtig durch unsere Feeds, wollen uns nicht mit langen Texten aufhalten. Kurzvideo-Content funktioniert entsprechend sowohl in der B2C- als auch in der B2B-Welt.
  

Social-Media-Content: Schrotschuss-Flinte oder Präzisions-Gewehr?

Über 50 % der in der Studie befragten Social-Media-Marketer*innen passen Inhalte individuell der jeweiligen Plattform an. Rund 30 % erstellen einzigartige Inhalte pro Plattform.

Passgenauen Content pro Plattform zu posten ist aufwendig, aber definitiv anzuraten: Per Schrotschuss-Methode exakt denselben Post auf mehreren Plattformen abzusetzen, schmälert die Erfolgsaussichten. 

Vor allem rein mobil genutzte Netzwerke wie Instagram folgen einer völlig anderen Content-Format-Logik als zum Beispiel LinkedIn. Und spätestens beim Youtube-Einsatz kommt man mit einem Bilder-Post nicht mehr weit.

Herausforderungen des Social-Media-Marketings 2023

Folgende Schwierigkeiten sehen die Befragten bei ihrer täglichen Social-Media-Arbeit:

  1. Die Zeit bzw. Ressourcen zu finden
  2. Die Auswirkung / den ROI von Social-Media-Kampagnen zu messen
  3. Neue Follower*innen zu gewinnen bzw. Interaktionen auf Social Media zu fördern
  4. Neue Ideen für Social-Media-Content zu entwickeln
  5. Den Mehrwert von Social Media zu demonstrieren
  6. Ein Verständnis für meine Zielgruppe zu entwickeln
  7. Mein Know-how über Social Media zu vertiefen
  8. Die Zustimmung zu Budgets zu sichern
  9. Die relevanten Social-Media-Kanäle zu finden
  10. Entscheidungen über interne oder externe Positionierung treffen oder Zustimmung gewinnen

Dieses Ranking zeigt auch: Social-Media-Marketing scheint immer noch etwas zu sein, das halbherzig nebenher läuft. Und: Immer noch sehen Geschäftsführer*innen Social-Media-Marketing als eine "Kostenstelle ohne primäre Wertschöpfungskraft" …

… der Königsweg aus diesem Tal der Geringschätzung lautet: Social-Media-Marketing professionalisieren sowie daten- und kennzahlenbasiert ausrichten.  

Zur Frage, "ob dieses Social Media denn überhaupt etwas bringt", ein Beispiel aus der Berufserfahrung eures Bloggers:

Einst erstellte ich für die Geschäftsführung eines Unternehmens einen Kosteneffizienz-Vergleich bezogen auf die Lead-Generierung. Eingesetzte Kennzahl: Cost-per-Lead (CPL). Sie fragt: Was hat es durchschnittlich gekostet, die qualifizierten Kontaktdaten eines potenziellen Kunden (= Lead) zu bekommen? Berechnungs-Formel: Budget der Marketing-Maßnahme, geteilt durch die Anzahl der gewonnenen Leads.

➤ Auf der einen Seite ein Messe-Auftritt mit Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich, der rund 20 Leads brachte.

➤ Auf der anderen Seite eine LinkedIn-Lead-Kampagne mit derselben Zielgruppe und Kosten im unteren vierstelligen Bereich, die rund 60 Leads brachte.

Auf CPL-Ebene kostete der durchschnittliche Messe-Lead rund 1.500 Euro – während sich der LinkedIn-Lead bei rund 30 (in Worten: dreißig) Euro einpendelte.

Soviel zum Thema "fehlende primäre Wertschöpfungskraft des Social-Media-Marketings" …

Social-Media-Marketing 2023: Wertschöpfendes Potenzial ohne Ende

Das waren einige Ergebnisse der Social-Media-Marketing-Studie von Hubspot und Meltwater. Sie zeigt: Der Wille zu einem professionellen und wertschöpfenden Marketing via soziale Netzwerke ist in vielen Unternehmen vorhanden. Was 2023 oft noch zu fehlen scheint, ist ein strategisch-taktisches und kennzahlenbasiertes Fundament.

Die Lernkurve ist da, aber noch nicht die wichtigste Erkenntnis: Social-Media-Marketing ist keine Bunte-Bildchen-Disziplin, sondern ein integraler Bestandteil einer wertschöpfenden Unternehmenskommunikation sowie ein mächtiges Sales-Tool.

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