Digitale Transformation in der Praxis (1): Die Unternehmensprozesse

Raus aus der Buzzword-Wolke: Was ist digitale Transformation und wie können Unternehmen sie umsetzen? Appelfeller und Feldmann bieten in ihrem Fachbuch einige spannende Ansätze. Hier kommen die Details.

Das digitalisierte Unternehmen nach Appelfeller und Feldmann
Das digitale Unternehmen (angelehnt an Appelfeller/Feldmann)


Das Buch "Die digitale Transformation des Unternehmens" erschien 2018. Untertitel: "Systematischer Leitfaden mit zehn Elementen zur Strukturierung und Reifegradmessung".

Die Autoren: Wieland Appelfeller ist Professor für Organisation und Wirtschaftsinformatik an der Münster School of Business. Carsten Feldmann ist Professor für Geschäftsprozessmanagement an der Fachhochschule Münster.

Ich stieß zufällig auf dieses Buch, genauer gesagt über die Quellenangabe eines Schaubildes in einem weiteren Digitalisierungs-Fachbuch. Diese Darstellung wirkte derart schlüssig und aussagekräftig auf mich, dass ich mir die Quelle genauer anschauen wollte.

Bitte beachten: Es gibt keine "Musterlösung" dafür, wie Unternehmen erfolgreich digital transformieren können. Dafür ticken jedes Unternehmen und jede Branche zu unterschiedlich. Dieser Beitrag soll exemplarisch zeigen, wie das Thema digitale Transformation praktisch umgesetzt werden kann.

Digitale Transformation: eine Definition

Die in meinen Augen aktuell beste Beschreibung dessen, was digitale Transformation betriebswirtschaftlich bedeutet, bietet die Universität Bamberg:

Digitale Transformation ist die wertschöpfende Umwandlung von
  • Prozessen,
  • Produkten,
  • Dienstleistungen
  • und Geschäftsmodellen
mithilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien.

Unternehmensprozesse digital transformieren

Beginnen wir mit der Frage, wie Unternehmen ihre Prozesse digitalisieren können (zum Vergrößern in das Bild klicken):

Digitalisierte Unternehmensprozesse nach Appelfeller und Feldmann
Unternehmensprozesse sind betriebliche Arbeitsabläufe. Sie folgen dem ILO-Prinzip:

Input: Dieser kommt von einem Lieferanten (externer Kunde, anderes Unternehmen, anderer Prozess, Mitarbeiter, etc.).

Leistung: Falsches für falsche Empfänger zu tun, ist schlecht. Das Richtige für die Richtigen zu machen, ist gut.

Output: Das Ergebnis, welches (externe oder interne) Kunden als Wert empfinden.

Wichtig: Bevor ein Unternehmen Prozesse digital transformiert, muss es diese optimieren. Es gilt das Zitat von Thorsten Dirks, aktuell Lufthansa-Vorstand: "Wenn Sie einen Sch***prozess digitalisieren, dann haben Sie einen digitalen Sch***prozess!"

Erst wenn eure Prozesse optimiert sind, ist es sinnvoll, sie digital zu transformieren. Andernfalls schafft ihr keinen Nutzen, sondern digitalisiert nur die Abwesenheit von Nutzen (jap. "Muda").

Bezogen auf optimierte Prozesse unterscheiden Appelfeller und Feldmann folgende digitale Dimensionen (zum Vergrößern in das Bild klicken):

Die digitale Transformation von Unternehmensprozessen nach Appelfeller und Feldmann
Sehen wir uns das für einen konkreten Unternehmensbereich genauer an:

Digitale Transformation: Beispiel Beschaffungsprozess

Die Beschaffung (Procurement, Purchasing) ist im Unternehmen dafür zuständig, Material, Dienstleistungen, Betriebs- und Arbeitsmittel einzukaufen, um Produkte weiterzuverarbeiten oder Handelswaren weiterzuverkaufen.

Appelfeller und Feldmann vergleichen in ihrem Buch einen gering digitalisierten Beschaffungsprozess mit einem stark digitalisierten.

[ERP: Enterprise-Resource-Planning will betriebliche Abläufe und Wertschöpfungsprozesse datenbasiert abbilden und verbessern. WFM: Workflow-Management-Systeme steuern Arbeitsabläufe.]

Die digitale Transformation von Beschaffungsprozessen
Achtung: Dieses Bild zeigt lediglich die Dimension "Digitalisierungsgrad". Es sagt nichts aus über die weiteren wesentlichen Transformations-Dimensionen "digitaler Automatisierungsgrad", "digitaler Integrationsgrad" oder "digitaler Selbststeuerungsgrad" (siehe oben).

Heißt: Auch Unternehmen, die bereits lange ein ERP-System einsetzen, sind auf Prozessebene mitunter immer noch Welten davon entfernt, ihre Arbeitsabläufe erfolgreich digital zu transformieren.

Alles, was digitalisiert werden kann,...

...wird digitalisiert. Was die ehemalige Hewlett-Packard-Geschäftsführerin Carly Fiorina bereits im Jahr 2000 betonte, gilt weiterhin. Aber: Es reicht nicht, analoge Zustände in digitale zu überführen. Entscheidend ist es,
  • Wert zu schöpfen, 
  • also eine Leistung zu erbringen, 
  • die eine Zielgruppe veranlasst, Geld dafür auszugeben oder bereitwillig Daten preiszugeben.
Unterschieden werden können die interne und die externe Wertschöpfung. Am Beispiel des Beschaffungsprozesses: Je stärker optimierte und digitalisierte Procurement-Prozesse die Mitarbeiter im Einkauf entlasten, desto mehr Zeit und Energie bleiben diesen, um sich auf intern wertschöpfende Tätigkeiten zu konzentrieren.

Diese interne Wertschöpfung ermöglicht und unterstützt die externe Wertschöpfung Richtung Kunde. Digitale Transformation ist kein technologischer Selbstzweck, sondern muss stets dieses Schöpfen von Wert anstreben.

Soweit die Prozesse! Im nächsten Teil meiner Artikelreihe blicken wir auf die digitale Transformation der IT-Systeme eines Unternehmens.

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